14. Dezember 2023, 15:01 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
In die ehemaligen Räume der Versicherungs- und Immobilien GmbH der Sparkasse Gelsenkirchen nahe des Heinrich-König-Platzes ist ein neues Projekt eingezogen. Ab Mitte Februar forscht das Musiktheater im Revier in seinem neuen „MiR.LAB“ am Rundhöfchen 6 gemeinsam mit der Stadtbevölkerung Gelsenkirchens zu digitalen Darstellungsformen und dem Publikum der Zukunft.
„Community Art Technology“ ist der Untertitel des Projekts und beschreibt schon ziemlich gut, woran und mit wem geforscht werden soll. Mit einem immer älter werdenden Theaterpublikum und der fortschreitenden Digitalisierung in allen Bereichen des Lebens interessiert sich auch das Musiktheater im Revier dafür, wie virtuelle Anwendungen in der künstlerischen Darstellung genutzt werden können. „Nicht nur hat das jüngere Publikum neue Bedürfnisse ans Theater, auch die engagierten Künstlerinnen und Künstler haben neue künstlerische Vorstellungen und drängen nach digitalen Praktiken“, erzählt Norman Warmuth, der künstlerische Betriebsdirektor und stellvertretende Generalintendant des Theaterhauses.
Auf etwa 170 Quadratmeter Fläche sind inzwischen alle baulichen Veränderungen abgeschlossen, erste Möbel stehen auch schon. Eröffnet wird das Labor mit einem großen Fest am 9. Februar 2024 und beschäftigt sich zum Start mit der Frage „Wieviel Platz zum Träumen gibt es in Gelsenkirchen und wer kann sich das Träumen überhaupt leisten?“. Am 10. Februar ist dann die gesamte Stadtöffentlichkeit eingeladen, am neuen Wirkungsort des Musiktheaters von 12 bis 18 Uhr ins Gespräch zu kommen und gemeinsam Visionen für den Ort zu entwickeln.
Während der Projektzeit soll das Labor an ein bis zwei Tagen der Woche als „Open Lab“ allen Gelsenkirchener Bürgerinnen und Bürgern offenstehen. Sie können bei Workshops, Audiowalks oder „Game Nights“ Arten und Herangehensweisen digitaler Theaterkunst kennenlernen und eigene Ideen ausprobieren. Der Ort dient auch zum Zuhören: Das Musiktheater möchte erfahren, was die Stadtbevölkerung zum Thema Theater denkt und sich wünscht. An den anderen Tagen werden Schulen, Nachbarschaftsvereine und andere Institutionen im Lab arbeiten und forschen. Auch migrantische Netzwerke sollen gezielt angesprochen werden.
„Ein Musiktheater, das nicht nur dem treuen Stammpublikum, das mehrfach pro Woche die MiR-Ränge füllt, hochklassige Musik und große Oper bietet, sondern sich auch hinaus wagt aus den gewohnten Klangmauern, das ist echt ein Musiktheater der Zukunft“, lobt Oberbürgermeisterin Karin Welge das Projekt.
Ausprobiert werden sollen vor allem Mixed-Reality-Formen, bei denen echte Künstlerinnen auf der Bühne stehen und gleichzeitig digitale Inhalte, zum Beispiel Figuren, in die VR-Brillen der Zuschauerinnen und Zuschauer eingespielt werden. Die Performance besteht dann aus analoger und virtueller Realität, die Grenzen zwischen real und digital verwischen. Auch Tracking-Systeme sollen im LAB zur Anwendung kommen. Wie das funktioniert, erläuterte die künstlerische Leiterin des Projekts, Nora Krahl. Mit sogenannten Motion Capture Suits, das sind Anzüge mit aufgenähten Bewegungssensoren, können die Bewegungen von Menschen erfasst und auf digitale Avatare übertragen werden. Für Live-Auftritte ermöglicht das zum Beispiel, eine reale Cello spielende Person in einer VR-Brille als Alien auftreten zu lassen. Diese Technik wird auch in Filmproduktionen genutzt, um Figuren zu animieren.
Wichtig ist den Projektpartnern, dass das Labor nicht dazu da ist, die bisherigen klassischen Aufführungen auszutauschen. Stattdessen geht es um eine Ergänzung und eine behutsame Erprobung neuer Techniken. Eingesetzt werden sollen die Ergebnisse des Labors dann in ausgewählten zukünftigen MiR-Produktionen.
Das für die Region einzigartige Projekt wird drei Jahre lang mit insgesamt rund 1,8 Millionen Euro gefördert. Der Großteil der Kosten wird von der Neue-Wege-Förderung des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem NRW KULTURsekretariat gedeckt, der Eigenanteil der Stadt Gelsenkirchen liegt bei 20 Prozent der Gesamtsumme.