Haushalt 2025: Stabilität in schwierigen Zeiten
Bei einem Volumen von 1,4 Milliarden Euro geht fast jeder zweite Euro in Sozialtransferleistungen – Notwendige Projekte werden möglich gemacht
22. August 2024, 17:07 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
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„Dieser Haushalt ist ein besonderer. Er gewährleistet Stabilität in schwierigen Zeiten und er besetzt offensiv zukunftspolitische Themen wie Investitionen in Infrastrukturvorhaben. Trotzdem fällt dieser Haushalt aus der jährlichen Routine. Er tut das, weil bei ihm wesentliche Themen und Entwicklungen der vergangenen Jahre schärfer zu Tage treten als zuvor. Weil sie sich zugespitzt haben. Und weil von uns entsprechend starke und mutige Antworten verlangt werden. Dennoch wird der Haushalt dafür sorgen, dass die vorhandenen Strukturen laufen und funktionieren und er erfüllt damit das, was die Bevölkerung zu Recht von einem Haushalt erwartet“, mit diesen Worten fasst Oberbürgermeisterin Karin Welge die Struktur des Haushalts der Stadt Gelsenkirchen für das Jahr 2025 zusammen, der am heutigen Donnerstag in den Rat eingebracht wurde.
Ein schwieriger Haushalt – was macht 2025 so kompliziert?
Warum es so schwierig ist, für 2025 einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen machte die Oberbürgermeisterin mit Blick auf das Land noch einmal deutlich: „Das Problem der chronisch unzureichenden Kommunalfinanzen zieht sich schon lange dahin, viel zu lange, und hat sich nun in Nordrhein-Westfalen noch einmal zugespitzt. Die hohen und nochmals steigenden Sozialausgaben sind der wichtigste Faktor, der uns den Haushalt 2025 so schwierig macht! Weil es für sie keine ausreichende Kompensation gibt.“ Und weil das so ist, macht Karin Welge es bei allen sich bietenden Gelegenheiten auch gegenüber Vertretern von Land und Bund deutlich: „Wenn wir keinen Weg finden, die Lebensumstände vieler Menschen in dieser Region zu verbessern – vor allem durch Bildung, gerade auch durch eine bessere berufliche Bildung – dann kommen die Städte auch fiskalisch nicht aus der Kurve. Dagegen erheben wir die Stimme, es ist ja kein Zufall, dass der Städtetag seine bildungspolitischen Forderungen hier bei uns erhoben hat, im vergangenen Jahr, hier in diesem Saal, mit seiner Gelsenkirchener Erklärung.
Zwei wichtige Aufgaben
„Es sind vor allem zwei Aufgaben, denen wir uns stellen müssen: Erstens stehen wir in der Pflicht, unter ungünstigen Umständen einen genehmigungsfähigen Haushalt aufstellen; einen Haushalt, der trotz allem die Rechtsvorgaben einhält und damit uns für 2025 und darüber hinaus Handlungsspielraum erhält; den Freiraum, den diese Stadt zu Recht für sich beansprucht und beanspruchen muss“, so Karin Welge weiter.
Der vorliegende Haushalt hat gerundet ein Volumen von 1,4 Milliarden Euro und weist für das Haushaltsjahr 2025 einen Fehlbedarf von rd. 40,2 Millionen Euro aus. Im Verlauf des mittelfristigen Planungshorizonts reduziert sich diese Unterdeckung auf etwa 2,3 Millionen Euro im letzten Planjahr2028.
Fast jeder zweite Euro geht, wenn man die Personalkosten mitrechnet, dabei in Sozialtransferleistungen. „Das führt dazu, dass wir viele schöne Dinge, die uns in Gelsenkirchen ja durchaus einfallen, nicht ausführen können“, so Oberbürgermeisterin Karin Welge. „Wir legen einen Haushalt vor, der im klassischen Sinne nicht ausgeglichen sein kann. Wir können aber glücklicherweise auf Rücklagen aus besseren Zeiten zurückgreifen. Damit kommen wir perspektivisch für das kommende und die folgenden Jahre bis 2028 über die Runden. Es bleibt aber weiter schwer.“
Neben den Gewerbesteuereinnahmen spielen die Schlüsselzuweisungen des Landes eine erhebliche Rolle in den Planungen. Das Land hat Gelsenkirchen signalisiert, dass die Höhe der Mittel etwa denPlanungen der Kämmerei entspricht.
Ende des Kaputtsparens – Investitionen wie noch nie
„Wir alle sehen in unserer Stadt, wozu die Jahre und Jahrzehnte des verordneten Sparens geführt haben, was es bedeutet, wenn Investitionen ausbleiben“, erklärt Oberbürgermeisterin Karin Welge und kündigt deshalb gerade für 2025 und danach Investitionen an: „Wir werden investieren – und zwar nicht obwohl es schwierig ist, sondern gerade weil es schwierig ist. Weil wir jetzt Mut brauchen, weil wir unsere Infrastruktur stärken müssen, um unsere Stadt zu stärken. Wir werden investieren, weil wir nicht anders können. Wir müssen und werden Werte wiederherstellen und schaffen, Werte für diese Stadt, für ihre Zukunft.“
Hier spricht der vorliegende Haushaltsentwurf eine deutliche Sprache, so die Oberbürgermeisterin: „Ich will nur zwei Zahlen herausgreifen: Für das vergangene Jahr hatten wir bei den Investitionen noch 54 Millionen angesetzt, ein nicht untypischer Wert für diese Jahre. Für das nächste Jahr stellen wir einen ganz anderen Betrag ein – da investieren wir mehr als das Fünffache! Konkret: Da wollen wir 279 Millionen investieren. Und das soll kein einmaliger Peak sein, den wir mal eben so dazwischenwerfen, auf den wir all unsere Kräfte konzentrieren – nein, so soll es weitergehen! Wir steigern unsere Investitionen 2026 bis auf 292 Millionen, eine in Gelsenkirchen nie dagewesene Summe und beispiellose Energieleistung.“
Eine Dekade der Investitionen und der Infrastruktur
Das erste große Dekaden-Projekt sind die Schulen. Karin Welge: „Wir kümmern uns trotz unzureichender Landesfinanzierung um den Offenen Ganztag, wir strecken uns beim OGS für ein gutes Angebot und tun alles dafür, dass die Dinge laufen – dass sie so gut laufen, wie es nur irgend möglich ist. Denn das ist ja ganz klar: Investitionen sind wichtig, aber entscheidend ist und bleibt, was daraus gemacht wird, was wir im Alltag daraus machen. Ganz besonders im für uns so maßgeblichen Bereich der Bildung und Betreuung, in der Jugendarbeit, überall da, wo es um Menschen und die Arbeit mit und für Menschen geht.
Und zu unserer Schulbauoffensive gehört indirekt auch das zweite Dekaden-Projekt, der Bildungs- und Innovationscampus, weil wir uns dabei ja auch die Erneuerung unserer Berufskollegs vorgenommen haben. Zugleich geht es uns hier um noch mehr, wie Sie wissen. Dabei kann ich mich noch an die Skepsis erinnern: Warum wollt Ihr ausgerechnet jetzt so ein Projekt in Angriff nehmen, ein Vorhaben ohne Blaupause? Die Antwort habe ich schon gegeben: Wir wollen das nicht, obwohl die Zeiten und die Finanzen schwierig sind. Sondern weil sie schwierig sind; weil sie von uns eine mutige Antwort verlangen! Weil es mit kleinen Antworten nicht getan ist. Nach wie vor bin ich davon überzeugt, dass dies ein entscheidendes Feld ist, um unsere Stadt substanziell zu stärken.“
Und auch bei dritten Dekaden-Projekt, der Zukunftspartnerschaft Wohnen, ist die Stadt Gelsenkirchenins Rollen gekommen. „Alles, was wir im vergangenen Jahr angekündigt haben, haben wir bislang eingelöst“, so Karin Welge. „Wir haben dem Land deutlich gemacht, dass wir jeden Cent Förderung gut einsetzen können. Schon jetzt haben wir 33 Problemimmobilien erworben und für den Ankauf von 18 eine Einigung vereinbart, dazu verhandeln wir über weitere 26 Objekte – und so geht es weiter. Solange, bis wir schließlich unser Ziel erreicht haben, 3.000 Wohneinheiten in dieser Stadt zu modernisieren. Und bei der Gelegenheit möchte ich den Blick lenken auf die zweite Säule der Zunftspartnerschaft, die bisher nicht so sehr viel Aufmerksamkeit erhalten hat: Wir haben mit dem Land eine Sonderförderung ausschließlich für Gelsenkirchener Eigentümer vereinbart – sie bekommen für die Modernisierung Ihrer selbstgenutzten Wohnung oder Ihres Haus ein zinsgünstiges Darlehen, und das sogar noch mit erheblichen Tilgungsnachlässen – eine Riesenchance, um Wohneigentum attraktiver und klimagerecht zu gestalten.“
Kein Haushaltssicherungskonzept notwendig
Karin Welge: „Wir werden 2025 kein Haushaltssicherungskonzept benötigen. Darüber sind wir froh, denn so ein Konzept lähmt natürlich Strukturen und schränkt die Freiräume der Kommune erheblich ein. Zusammenfassend gewährleistet der vorgelegte Haushalt vor allem zwei Dinge: Stabilität in schwierigen Zeiten und Investitionen in bestehende und neue Infrastruktur.“
Notwendige Projekte ermöglichen
Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff machte deutlich, dass der Haushalt unter der Prämisse steht, die notwendigen Projekte möglich zu machen: „Das kriegen wir hin und zwar mit einem Haushalt der genehmigungsfrei ist.“
Gleichzeitig warnt der Kämmerer, dass der Eindruck entstehen könnte, dass Gelsenkirchen keine Not hat: „Tatsächlich nutzen wir unsere Rücklage von 150 Millionen und reduzieren sie bis Ende 2028 auf 30 Millionen Euro. Zusätzlich summieren sich die während der Corona- und der Ukrainekrise aufgelaufenen Ausgaben im Haushalt auf 46 Millionen, die wir theoretisch auf 50 Jahre mit rund einer Million jährlich ausbuchen können. Hier müssen noch entscheiden, ob wir das wirklich auf 50 Jahre verteilen, denn das sind dann nicht die Kosten unserer Kinder, sondern schon der Enkelkinder. Die endgültige Entscheidung hierüber werden wir gemeinsam mit dem Haushalt 2026 treffen müssen. Mit Blick auf das Eigenkapital ist die Richtung eigentlich schon vorgegeben. Daher finden sich im Haushalt 2025 auch bereits jetzt jährliche Abschreibungen, beginnend ab dem Planjahr 2026, in Höhe von 0,9 Millionen Euro.“
Grundsteuer aufkommensneutral
Ein wichtiges Thema in der Diskussion wird die Grundsteuer sein. „Das Land NRW hat für jede Kommune individuell – ausgehend von den aktuellen Sätzen und dem Gebot einer Aufkommensneutralität für die Bürgerinnen und Bürger – eine Empfehlung zur Hebesatzhöhe ausgesprochen. Die Empfehlungen übernehmen wir in unseren aktuellen Haushaltsentwurf. Das werden wir über differenzierte Hebesätze möglich machen. Wir wollen so die Mieter und privaten Eigentümer nicht stärker belasten als die gewerblichen Eigentümer. Hier warten wir noch auf die Vorgaben vom Land“, so Wolterhoff.
Anhebung der Vergnügungssteuer bei Geldspielautomaten
Einnahmeverbesserungen soll die Anhebung der Vergnügungssteuer (Automatensteuer) bringen. In Gelsenkirchen werden jährlich über 80 Millionen in Spielautomaten gesteckt. An diesen Einnahmen will sich die Stadt stärker beteiligen. Es wird eine Anpassung des Vergnügungssteuersatzes auf 7Prozent erfolgen. Natürlich erzielen wir hiermit eine so dringend benötigte Ertragsverbesserung; wir ziehen aber auch mit dem Niveau umliegender Kommunen gleich. Auch die Hundesteuer soll angehoben werden, allerdings nur für Mehrhundehalter.“
Hohe Investitionen in den Schulbau, den Klimaschutz und die Stadterneuerung
Bei den Investitionen macht Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff deutlich, dass weiterhin in den Schulbau, den Klimaschutz und die Stadterneuerung investiert wird: „279 Millionen Euro haben wir an Auszahlungsvolumina aus Investitionstätigkeit vorgesehen. Der größte Teil, nämlich 181 Mio. € davon, entfallen auf die reinen Baumaßnahmen. Ein ambitioniertes Unterfangen, was aber allen Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern zugutekommt.
270.000 Euro für die Bezirksforen
Zugute kommen den Mitbürgerinnen und Mitbürgern aber auch die Bezirksforen, für die der Stadtkämmerer die Werbetrommel rührte: „Wir starten direkt am kommenden Montag und machen eine Rundreise ausgehend vom Stadtsüden über den Osten, bevor es über den Westen in Richtung Norden geht und ihr Finale in der Mitte findet. Insgesamt 270.000 Euro sind eingeplant für Vereine, Nachbarschaften und einzelne „Organisationen“, die in ihrem Quartier vor Ort wirken. Mal schauen, was uns dieses Jahr für Vorschläge erwarten. Am Ende ist aber jeder einzelne Euro gut investiertes Geld, denn unsere Bürgerinnen und Bürger gestalten damit Gemeinschaft und Ehrenamt. Etwas, deren und dessen Wert nicht oft genug herausgestellt werden kann, da dieses für unseren Zusammenhalt immer wichtiger geworden ist.“