22. August 2024, 16:25 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Liebe Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,
liebe Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener,
wir legen Ihnen heute einen Haushaltsentwurf vor, der am Ende – und das sollte Sie nicht erschrecken, aber doch direkt sensibilisieren – ein Defizit für das Haushaltsjahr 2025 in Höhe von rund 40 Mio. € vorsieht. Und wenn Sie Ihre Blicke später in den Unterlagen weiterschweifen lassen, werden Sie sehen, dass wir auch in der Mittelfristplanung keine schwarze Null verzeichnen können. Insgesamt fehlen uns über alle vier Planjahre hinweg 63 Mio. €. Im Planjahr 2026 sind es dann rund 15 Mio. € „Miese“, in 2027 rund 5 Mio. € und im letzten Planjahr (2028) dann immer noch rund 2 Mio. €.
Ja, das jeweils geplante Defizit wird mit den Jahren kleiner. Aber ebenso wird es auch unsere Ausgleichsrücklage, die wir auch in diesem Haushalt wieder in Anspruch werden nehmen müssen, um so überhaupt erst einen rechtlich fiktiv ausgeglichenen Haushalt darstellen zu können. Das bedeutet einmal mehr: Unser Erspartes schrumpft! Aktuell beträgt unsere Ausgleichsrücklage noch rund 150 Mio. €. Zum Ende des Planjahres 2028 gehen wir dann von nur noch 31 Mio. € aus.
Da spielt zum einen – in dem Fall zwar zunächst positiv – der Entwurf des Jahresabschlusses 2023, den wir Ihnen im März vorgelegt haben, eine Rolle. Hier hatten wir im Entwurf noch einen Überschuss von rund 18 Mio. €, mit dem wir wieder unser Erspartes „stärken“. Da spielt aber auch schon der Verlauf des aktuell laufenden Haushaltsjahres 2024 eine Rolle. Hier müssen wir zurzeit bereits feststellen, dass es – wenn nicht noch etwas Unvorhergesehenes in den letzten vier Monaten des Jahres geschieht – schon ein hehres Ziel ist, das geplante Defizit von 68 Mio. € ohne globalen Minderaufwand nicht noch zu überschreiten. Details hierzu werden wir Ihnen – Sie kennen das – in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses vorlegen können.
Die Herausforderungen, die uns nun schon – teils – über Jahre hinweg begleiten, sind auch die Herausforderungen von morgen:
• Sozialtransfers
• Bedarfe für wichtige Infrastrukturprojekte
• dynamische Migrationsbewegungen
• erhöhte Inflationsraten
• klimagerechte Transformationsprozesse
• erhöhte Zinsen
Das alles gilt es im Haushalt der kommenden Jahre abzubilden und mit Ressourcen zu hinterlegen.
Meine Damen und Herren,
im Entwurf des Haushaltsplanes 2025 sind auch mögliche Antworten enthalten zu Themen, die wir in den vergangenen Wochen und Monaten schon miteinander diskutiert haben.
Zu allererst möchte ich da die Grundsteuerreform aufgreifen. Zur Erhebung sind im Jahr 2025 erstmals die „neuen“ bundes- und landesgesetzlichen Regelungen maßgeblich. Auf Grundlage der von der Finanzverwaltung NRW durchgeführten Neubewertung aller Objekte erfolgt die Festsetzung der Grundsteuer 2025. Das Land NRW hat hierbei die Möglichkeit zur Erhebung sogenannter „differenzierender Hebesätze“ geschaffen. Das bedeutet, dass eine Unterscheidung zwischen Wohngrundstücken und Nichtwohngrundstücken vorgenommen werden kann. Die Verwaltung schlägt vor, diese auch anzuwenden. Das Land NRW hat für jede Kommune individuell – ausgehend von den aktuellen Sätzen und dem Gebot einer Aufkommensneutralität für die Bürgerinnen und Bürger – eine Empfehlung zur Hebesatzhöhe ausgesprochen. Die Empfehlungen übernehmen wir „in unseren aktuellen Haushaltsentwurf“. Das bedeutet, dass wir nun für die Grundsteuer A einen Hebesatz von 498% vorsehen, für die Grundsteuer B für Wohngrundstücke von 694% und – in Abgrenzung dazu – für die Grundsteuer B für Nichtwohngrundstücke von 1.385%. Das Finanzministerium des Landes will diese Hebesatzempfehlungen in der zweiten September-Hälfte aktualisieren. Wir werden im Oktober – um die aufkommensneutrale Umsetzung der Grundsteuerreform in Gelsenkirchen sicherzustellen – eine angepasste Vorlage als Beschlussvorschlag einbringen.
Und weil wir gerade beim Thema Steuern sind, will ich es an dieser Stelle direkt erwähnen. Wir schlagen mit dem Haushalt 2025 auch vor, die Hundesteuersätze zum Halten von mehr als einem Hund und für gefährliche Hunde ansteigen zu lassen. Daneben wird auch eine Anpassung des Vergnügungssteuersatzes auf 7% erfolgen. Natürlich erzielen wir hiermit eine so dringend benötigte Ertragsverbesserung; wir ziehen aber auch mit dem Niveau umliegender Kommunen gleich.
Im Haushalt 2025 steckt aber bereits jetzt auch ein Thema, das schon seit einiger Zeit wie ein Damoklesschwert über uns schwebt:
Die Rückführung bilanzierter Haushaltsschäden; also der Schäden, die wir im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg erlitten haben. Ab dem Jahr 2026 sind wir verpflichtet, die in den Jahren 2021 und 2023 festgestellten Schäden in Höhe von insgesamt rund 46 Mio. € entweder direkt gegen das Eigenkapital zu buchen oder aber über einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren abzuschreiben. Die endgültige Entscheidung hierüber werden wir / werden Sie mit dem Haushalt 2026 treffen müssen. Wenn ich Ihnen vorhin aber bereits etwas zu unserem Ersparten und damit dem Eigenkapital gesagt habe, können Sie erahnen, in welche Richtung unsere Tendenz geht. Daher finden Sie im Haushalt 2025 auch bereits jetzt jährliche Abschreibungen, beginnend ab dem Planjahr 2026, in Höhe von 0,9 Mio. €. So schön das „Vor-die-Klammer-Ziehen“ in der Planung auch wahr, uns allen war bewusst, dass uns dieser „bilanztechnische Trick“ wieder einholen und für zukünftige Haushalte einschränken wird.
Was das alles in Zahlen bedeutet,
meine Damen und Herren,
möchte ich Ihnen im Folgenden anhand von „wesentlichen Positionen“ gerne einmal aufzeigen und dabei auch ergänzende Erläuterungen geben.
Zu allererst steht da ein Gesamthaushaltsvolumen von 1,45 Mrd. €.
Mit dieser gewaltigen Summe bekommen Sie im modernen Weltfußball vielleicht 11 Spieler – und damit gerade so eine Mannschaft – zusammen. Wir als Stadt Gelsenkirchen müssen daraus mehr als nur 11 Aufgaben bewältigen, die für das Zusammenleben in unserer Stadt und als Dienstleistung gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern notwendig sind.
Dabei stellt sich immer mehr die Frage nach der Finanzierung der für unsere Stadt so herausfordernden Aufgaben:
Klar, es bleibt im Wesentlichen bei den Schlüsselzuweisungen und der Gewerbesteuer. Aber auch in diesem Jahr müssen wir feststellen, wie volatil und wenig verlässlich diese beiden größten Positionen auf der Ertragsseite sind.
Bei den Schlüsselzuweisungen planen wir für das Jahr 2025 mit einer Summe von 455 Mio. €. Es bleibt also dabei, dass die Schlüsselzuweisungen mehr als 1/3 der ordentlichen Gesamterträge ausmachen. Und ja, es sind rund 55 Mio. € mehr als noch für das laufende Jahr 2024. Und ja, es sind rund 36 Mio. € mehr als noch im Haushalt 2024 für das Planjahr 2025 angenommen. Und doch stellt auch dieser Betrag keine auskömmliche Gemeindefinanzierung für die Vielfalt an Aufgaben und der vor Ort zu bewältigenden Herausforderungen dar. Immerhin: die Veröffentlichung der Arbeitskreisrechnung zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2025 hat uns in diesem Jahr eher erreicht als noch im vergangenen. Und so haben wir für den Entwurf 2025 mehr Klarheit als noch vor einem Jahr an gleicher Stelle.
Der Blick auf die Gewerbesteuer zeigt, dass wir in 2025 mit 190 Mio. € rechnen. Im Jahresabschluss 2023 bleiben wir mit 113 Mio. € zwar hinter den Erwartungen zurück; das laufende Haushaltsjahr 2024 zeigt aber, dass die dort geplanten 175 Mio. € durchaus realistisch sind. Sie sehen aber auch hier die Spannweite, die über „Wohl oder Übel“entscheiden kann.
Während ich Ihnen im vergangenen Jahr noch von Fortschritten hinsichtlich einer möglichen Altschuldenlösung berichten konnte, ist diese in der Zwischenzeit wieder – vorsichtig formuliert – ins Stocken geraten. Im Juni 2024 hat die NRW-Landesregierung noch Eckpunkte zu einer neuen Entlastung beschlossen. 250 Mio. € will das Land „in den Topf tun“, verbunden mit der Erwartungshaltung, dass der Bund ebenso in gleichem Maße in die Finanzierung mit einsteigt. Im Entwurf des Bundeshaushaltes finden Sie allerdings keine Mittel; das Land Bayern war das erste, welches sich öffentlich gegen eine Beteiligung des Bundes aussprach. Wer hätte das geahnt?! – das Ping-Pong-Spiel zwischen Bund und Land schreibt also weiter seine ganz eigene unendliche Geschichte und geht somit in die nächste Runde; auf dem Rücken – und damit zum Nachteil – von Städten wie Gelsenkirchen.
Was aber müssen wir eigentlich alles aus den uns zur Verfügung stehenden Mitteln finanzieren?!
An erster Stelle stehen da wieder die Transferaufwendungen, die sich für 2025 auf rund 682 Mio. € belaufen. Damit bleibt es dabei, dass diese nahezu 50% unseres gesamten Haushaltetats ausmachen.
Für die Betreuung der Gelsenkirchener Kinder zahlen wir GeKita einen Zuschuss von rund 85 Mio. €; die Finanzierung des ÖPNV ist uns im kommenden Jahr knapp 30 Mio. € wert, die des Musiktheaters und der Neuen Philharmonie Westfalen zusammen rund 23 Mio. €.
Die Kosten, mit denen Gelsenkirchen schwerpunktmäßig an der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen beteiligt wird – also die Umlage, die wir an den LWL entrichten – beläuft sich auf über 134 Mio. €. Das sind auch über 6 Mio. € mehr als noch im vergangenen Jahr.
Zu den im Haushalt enthaltenen klassischen Sozialtransferaufwendungen für 2025 zählen:
• die Leistungen nach dem SGB II, also die Kosten der Unterkunft, die wir mit 146 Mio. eingeplant haben
• die Grundsicherung im Alter, deren Anteil über 50 Mio. € beträgt
• die Hilfe bei Pflegebedürftigkeit, deren Ansatz sich auf knapp
35 Mio. € beläuft und
• die Hilfen für Flüchtlinge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die mit rund 13 Mio. € veranschlagt sind.
Die reinen Transferaufwendungen im Kinder- und Jugendbereich belaufen sich auf rund 75 Mio. €. Davon entfallen:
• 51 Mio. € auf die Hilfen zur Erziehung
• 17 Mio. € auf die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz und
• 8 Mio. € auf das Bildungs- und Teilhabepaket.
Im Bereich der Personalaufwendungen planen wir knapp 11 Mio. € mehr ein als noch im aktuellen Haushaltsjahr: 234 Mio. €.
Meine Damen und Herren,
wenn Sie sich den Bereich der Zinsen und sonstigen Finanzaufwendungen ansehen, fällt Ihnen vielleicht ein deutlicher Anstieg auf. Dieser ist insbesondere auf die Finanzierung von so dringend benötigten Infrastrukturprojekten zurückzuführen. Ich hatte es im letzten Jahr bereits gesagt: um all diese Maßnahmen bedienen zu können, brauchen wir Fremdkapital. Kapital, welches wir uns für „teures Geld“ leihen müssen. Kapital, das aber eben auch notwendig ist, um die Infrastruktur nach und nach zu erneuern.
Und damit komme ich zu unserem Investitionsportfolio. Wir werden weiterhin in den Schulbau, den Klimaschutz und die Stadterneuerung investieren. 279 Mio. € haben wir an Auszahlungsvolumina aus Investitionstätigkeit vorgesehen. Der größte Teil, nämlich 181 Mio. € davon, entfallen auf die reinen Baumaßnahmen. Ein ambitioniertes Unterfangen, was aber allen Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern zugutekommt.
Zugute kommen unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern aber auch die Bezirksforen, für die ich – wie in jedem Jahr üblich – auch an dieser Stelle wieder die Werbetrommel rühren möchte. Wir starten direkt am Montag und machen eine Rundreise ausgehend vom Stadtsüden über den Osten, bevor es über den Westen in Richtung Norden geht und ihr Finale in der Mitte findet. Insgesamt 270.000 € sind eingeplant für Vereine, Nachbarschaften und einzelne „Organisationen“, die in ihrem Quartier vor Ort wirken. Mal schauen, was uns dieses Jahr für Vorschläge erwarten. Am Ende ist aber jeder einzelne Euro gut investiertes Geld, denn unsere Bürgerinnen und Bürger gestalten damit Gemeinschaft und Ehrenamt. Etwas, deren und dessen Wert nicht oft genug herausgestellt werden kann, da dieses für unseren Zusammenhalt immer wichtiger geworden ist.
Das Werk „Haushaltsplan“ drückt sich nicht nur in seinen über 1.000 Seiten aus. Diese 1.000 Seiten zeigen aber, wieviel Arbeit notwendig war, um Ihnen am Ende einen Haushaltsplanentwurf vorlegen zu können, den wir in seiner jetzigen Verfasstheit gegenüber der Aufsichtsbehörde „nur“ anzeigen zu brauchen, für den wir aber keine explizite Genehmigung einholen müssen. Dafür gilt mein Dank allen Mitarbeitenden aus allen Bereichen der Verwaltung, die mit großem Engagement an diesem Werk mitgewirkt haben!
Meine Damen und Herren,
nun ist es an Ihnen. Dies ist, wenn alles „wie immer“ läuft, der letzte Haushaltsentwurf, den dieser Rat berät. Diskutieren Sie im anstehenden Beratungsverfahren über Ihre Ideen. Debattieren Sie gerne kritisch, aber immer konstruktiv miteinander und mit der Verwaltung. Gestalten Sie die Zukunft Gelsenkirchens. Der finanzielle Spielraum ist eng. Sicher gehen Sie wie immer damit engagiert und zielorientiert dabei vor.
Ich wünsche Ihnen und uns allen viel Erfolg dabei!
Herzlichen Dank!