Kricke, Norbert - Raumplastik
Skulptur,
1960
Bildrechte: Martin Schmüdderich
Bildrechte: Martin Schmüdderich
Zum Objekt
Auf einem erhöhten Sockel erhebt sich ein von Norbert Kricke gestaltetes Drahtgeflecht. Frappierend ist die Ähnlichkeit zu seiner Arbeit, die er für die Südfassade des zum Musiktheater Gelsenkirchen gehörenden Kleinen Hauses zwischen 1957 und 1959 anfertigte. Das dort im flachen Relief vor die obere Wandzone gesetzte Gebilde besteht aus horizontal aneinandergeschweißten Stahlröhren, die durch stark differierende Anordnung und Längenkontraste dem Gesamtbild eine hektisch-dynamische Wirkung verleihen.
Dieses Prinzip der „Flächenbahnen“ setzt Kricke hier verkleinert in einen dreidimensionalen Rahmen, indem er sie nicht mehr streng waagerecht ausrichtet, sondern die einzelnen gebündelten Segmente diagonal in den Raum eingreifen lässt. Ineinander verhakt wirkt die Gesamtheit der „Flächenbahnen“ extrem zerfahren und durch die in verschiedenste Richtungen herausragenden Stahlspitzen aggressiv herausfordernd. Die Skulptur erhält somit die Qualität eines zerborstenen und gleichzeitig raumsprengenden Objektes. Fläche und Masse erscheinen aufgelöst. Nur der Sockel bildet einen statischen, massiven und ruhigen Kontrapunkt zum in die Raumwirkung energisch-einschneidenden Stahlgerüst.
Zum Künstler
Norbert Kricke absolvierte seine Ausbildung an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin unter Richard Scheibe. Erste Raumplastiken entstanden Ende der 1940er Jahre und verweisen bereits auf die für ihn charakteristische Auseinandersetzung mit linearen Formen zur dynamischen Gestaltung von Raum. Seine Arbeiten stehen in der Tradition von Konstruktivisten wie Naum Gabo und Antoine Pevsner. Enge Beziehungen unterhielt er zur Künstlergruppe ZERO und den französischen Künstlern des Nouveau Réalisme. Ab 1955 erhielt Kricke international Aufträge zur Ausgestaltung öffentlicher Räume, beispielsweise in Münster sowie in Bagdad und Los Angeles. 1964 übernahm er eine Professur für Bildhauerei an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, der er ab 1972 für zehn Jahre als Direktor vorstand.
Hintergrund
Bereits seit vielen Jahren steht der Aufstellungsort dieser Skulptur von Norbert Kricke in der öffentlichen Diskussion. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang vor allem eine Beeinträchtigung der Raumwirkung der Skulptur durch die Nähe zur Fassade des Versorgungsamtes.