Prigann, Herman - Himmelstreppe
Skulptur,
1999
Himmelstreppe .
Bildrechte: Stadt Gelsenkirchen
Himmelstreppe .
Bildrechte: Stadt Gelsenkirchen
Zum Objekt
Herman Priganns „Himmelstreppe“ hält was der Titel verspricht: Auf buchstäblich hohem Niveau ist diese gestaltete Abraumhalde als Landmarke schon von weitem zu sehen und bietet ihrem Besucher einen Aufstieg, der sich lohnt. Sie bildet sozusagen das Hauptwerk des Skulpturenparks Rheinelbe.Aus der Vogelperspektive betrachtet, erweist sich die ästhetische Gestaltung des Haldenfußes als besonders spektakulär und erinnert an die Ikone der Land Art schlechthin, an die 1970 von Robert Smithson gestaltete „Spiral Jetty“ (USA) bzw. den kurze Zeit später entstandenen „Spiral Hill“ (Holland). Charakteristisch für diese beiden Beispiele künstlerisch verwerteten Brachlandes ist, dass eine fortlaufende Spirale einen Weg durch den Raum bildet. Anstelle einer fortlaufenden Spirale legt Prigann allerdings drei Rampenpfade an, die im oberen Bereich zu einem Kreis zusammenlaufen. Von diesem Ring aus lässt sich eine Treppe erreichen, die zu einer 12 Meter hohen Skulptur, bestehend aus 35 Betonquadern, führt. Wie bei einer Vielzahl anderer Objekte, die sich auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Rheinelbe befinden, verweist das verwendete Material - die Quader stammen von einer abgerissenen Dortmunder Zeche - auf die industrielle Geschichte des Ortes. Eine weitere Parallele zu den Arbeiten des Skulpturenwaldes zeigt sich im weitreichenden Assoziationsspielraum, der durch die formale Gestaltung entsteht. Bei der „Himmelstreppe“ erinnert z.B. die Wegeführung an einen astronomischen Spiralnebel, der starke Treppenanstieg an eine Maya-Pyramide, die architektonisch anmutende Materialschichtung an einen archaischen Kultbau usw. Ganz wesentlich ist bei einem Werk wie der „Himmelstreppe“ aber der Faktor des individuellen Erlebens im Zuge der eigentlichen Begehung, die durch die Form der Anlage gelenkt wird. So fordern der spiralförmig angelegte Weg und der Treppenaufgang vom Besucher eine horizontale sowie auch vertikale Durchmessung des Raumes und damit eine Veränderung der Perspektive.
Zum Künstler
Herman Prigann studierte Malerei und Stadtplanung in Hamburg, war jedoch von Anfang an nicht ausschließlich der Malerei zugetan. Vor allem seit den 1990er-Jahren wendete er sich verstärkt der Skulptur zu. Sein besonderes Interesse gilt der Gestaltung von Landschaftsräumen. Mit seiner Form der „art in nature“ befindet er sich in der Tradition der Land Art. Insbesondere lässt sich eine Verbindung zu den Ideen Robert Smithsons (1938-1973) feststellen, der als einer der wichtigsten Protagonisten dieser Kunstrichtung gilt, die ab Mitte der 1960er-Jahre v.a. in Amerika präsent war. Auch er beschäftigte sich mit künstlichen, d.h. durch menschliche Eingriffe geprägten Landschaften sowie mit den jeweiligen ortspezifischen Charakteristika wie Geschichte und Material. Die ästhetische Rekultivierung von „benutztem“ Gelände ist (bzw. im Falle Smithsons war) beiden Künstlern ein wichtiges Anliegen. Eine weitere Reminiszenz findet sich im Falle der „Himmelstreppe“ in der „Himmelsleiter“ von Hansjörg Voth.
Durch seine Arbeiten erlangte Herman Prigann internationales Renommee. Hermann Prigann starb 2008 in Portals Nous auf Mallorca.
Hintergrund
Halden, Fördertürme, Gasometer, Hochöfen prägen die industrielle Kulturlandschaft des Ruhrgebiets und bilden Identifikationspunkte der Industriegeschichte. Inzwischen vielfach künstlerisch gestaltet, werden sie zu Wahrzeichen des Strukturwandels. Ihre Vergangenheit bleibt in ihnen jedoch präsent, auch wenn das Wissen um ihre Funktion nicht immer umfassend bekannt ist. Bei Halden beispielsweise handelt es sich um künstlich vom Menschen geschaffene Hügel, die aus nicht kohleführendem Nebengestein, das beim Untertagebau mitgefördert wurde, bestehen. Die Halde Rheinelbe ist eine sogenannte „brennende Halde“, wofür im Kern der Halde liegende Kohlenreste verantwortlich sind.
2010 zeigte eine Ausstellung in der Forststation Rheinelbe eine Auswahl von Grafiken und Dokumenten zu den Erstellungsprozessen der Skulpturen zwischen 1996 und 2005 sowie weitere internationale Projekte Priganns.