Szejstecki, Many - Gelsenkirchen von unten
Wandgestaltung,
1994
Bildrechte: Sabine Fiereck
Bildrechte: Sabine Fiereck
Szejstecki, Many - Gelsenkirchen von unten.
Bildrechte: Stadt Gelsenkirchen
Zum Objekt
Ruhrgebiet und Bergbau stehen bekanntermaßen in enger Verbindung zueinander. Auch für die Entwicklung Gelsenkirchens war der Steinkohlenbergbau wesentlicher Motor. Zeitweilig galt die Stadt mit ihren bis zu 60 betriebenen Schächten gar als größte Kohlestadt auf dem europäischen Kontinent neben Bochum. Als prominentes Beispiel lässt sich in diesem Zusammenhang auf die Zeche Consolidation verweisen.
In unmittelbarer Nähe zur Schachtanlage 3/4/9 dieser Zeche finden sich zwei U-Bahnhaltestellen der Linie 301, deren jeweilige Gestaltung thematisch mit dem Standort korrespondiert. Während die von Alfred Schmidt ausgearbeiteten Wandbilder der U-Bahnstation „Bergwerk Consolidation“ zeigen, wie die Arbeitsbedingungen unter Tage aussahen und sich im Wandel der Zeit verändert haben, richtet Many Szejstecki in seinem künstlerischen Beitrag zur Einrichtung der Station „Trinenkamp“ seinen Blick nicht nach unten, sondern aus 500 Metern Tiefe nach oben. Aus diesem hypothetisch eingenommenen und diverse Erd- und Gesteinsschichten durchdringenden Blickwinkel ließ der ehemalige Reviersteiger vier großformatige Ansichten von Gelsenkirchen entstehen. Schilder informieren über den genauen Standort und die Blickrichtung des auf diese Weise die Stadt von unten Betrachtenden. Das auf den Himmel verweisende Blau bildet zudem die vorherrschende Farbe der übrigen U-Bahnhofsgestaltung.
Der tiefe Standpunkt, der bei der graphischen Gestaltung der farbigen, detailgenauen „Pläne“ eingenommen wurde, wirkt auf den Betrachter in gewisser Weise irritierend. Darstellungen von Häusern, Straßen und Grünanlagen sind in ähnlicher Form eher aus der Vogelperspektive bekannt. Szejstecki hingegen kehrt diese gewohnte Sehweise um: Die räumliche Ausarbeitung der dargestellten Gebäude ermöglicht zum einen ungewohnte Einblicke durch den Boden in das Innere einzelner Bauwerke. Zum anderen wirkt die Gesamtheit der Darstellung verzerrt; Kirchen und Häuser hängen scheinbar in der Luft.
Zum Künstler
Many Szejstecki (1931-2016) lebte seit 1947 im Ruhrgebiet, wo er bis 1983 als Steiger und Bergingenieur unter Tage arbeitete. 1965 begann er sich als Autodidakt künstlerisch zu betätigen. Seither bediente er sich unterschiedlicher Medien und Themen, wobei in seinem Werk der Bergbau und das Ruhrgebiet eine zentrale Stellung einnehmen. Als Zeichner, Graphiker, Video- und Objektkünstler war er auf zahlreichen Ausstellung im In- und Ausland vertreten. Ab den 1990er Jahren prägten insbesondere Computertechnik und Programme, die im Bergbau Anwendung finden, Szejsteckis Werk. Er lebte und arbeitete bis zu seinem Tod 2016 in Gelsenkirchen.