Droese, Felix - infelix lignum II
Skulptur,
2006
Bildrechte: Sabine Fiereck
Bildrechte: Sabine Fiereck
Zum Objekt
Aus dem oberen Ende des auf circa sechs Meter Höhe gekappten Baumstammes hat Felix Droese ein Kreuz geschlagen, welches von allen Seiten gleich gearbeitet ist: die Oberfläche der seitlichen Arme trägt Rinde. Droese hat also für das Kreuz den gesamten Stammradius ausgenutzt. Zudem sticht die dunkle Rinde deutlich gegenüber dem hellen, bearbeiteten Holz hervor. Gleichzeitig wird darüber das Kreuz optisch noch stärker an den Baumstamm gebunden.
Durch das exponiert positionierte Kreuz, welches aus dem noch lebenden Baumstamm herauswächst, erinnert das Baumobjekt an einen Kirchturm, an einen sakralen Ort - wie auch der Baum selbst insbesondere im heidnischen Glauben als heilige Stätte verehrt wurde. Kreuz und Baum bilden jeweils äußerst symbolträchtige Komponenten. Für unseren Kulturkreis ist das Kreuz als Zeichen geradezu synonym geworden mit dem christlichen Glauben. Es steht für den Kreuzestod, für die darin bezeugte Liebe Christi zu den Menschen, die Vergebung der Sünden und den Glauben an das ewige Leben. In ihm manifestiert sich sozusagen die Frohe Botschaft. In seinem Sinngehalt steht es sowohl für Sterben als auch für Leben.
Der Titel der Arbeit Droeses „Infelix lignum“ - „Unglückliches Holz“ bezeichnet das Folterkreuz zu Zeiten der Römer. Somit verweist der Künstler explizit auf das Thema Tod und Sterben. In diesem Sinne wirkt das Kreuz im Kontext zum halbgefällten Baum wie das eigene Totenmal.
Felix Droese selbst sieht die Bedeutung seiner Arbeit durchaus zwiespältig: "Einerseits greife ich in die Natur ein, andererseits bewahre ich den Baum vor dem Fällen. Ich möchte, dass Menschen auf den gefährdeten Wald aufmerksam gemacht werden. Und doch gehe ich hin und greife in einen natürlichen Prozess ein.“
Zum Künstler
Der International renommierte und insbesondere auch durch die kontrovers diskutierte Kunstverkaufsaktion beim Discounter Aldi bekannte Künstler Felix Droese studierte an der Kunstakademie Düsseldorf, u.a. bei Joseph Beuys. In seinem künstlerischen Werk, welches Zeichnungen, Schattenrisse, Skulpturen u.v.m. umfasst, spiegelt sich vielfach sein politisches Engagement und zeitkritisches Bewusstsein. Ein in diesem Zusammenhang besonders bekanntes Beispiel bildet seine Arbeit „Ich habe Anne Frank umgebracht“, eine Papierschnitt-Installation, die er 1982 auf der documenta 7 vorstellte. 1988 war Droese als Vertreter der BRD auf der Biennale in Venedig vertreten. Seine Werke finden sich in vielen namhaften Museen.
Hintergrund
Das Projekt "Kunst am Baum" wurde 1993 vom Kunstverein Gelsenkirchen e. V. ins Leben gerufen und seither sukzessive weiterentwickelt. Wie bei der sogenannten „Kunst am Bau“ wird hier der museale Rahmen verlassen und der öffentliche Raum gesucht, um zufällige Begegnungen mit Kunst zu ermöglichen.
Als Standort für das Skulpturenprojekt wurde der Bereich des Schlossparks Berge, westlich der Adenauerallee und nördlich des Sees von Schloss Berge zur Verfügung gestellt. Dort vorhandene kranke, überalterte und verkehrsgefährdende Bäume, die ohnehin gefällt werden sollten, wurden zur künstlerischen Bearbeitung frei gegeben. So konnten unmittelbar vor Ort in der Auseinandersetzung mit dem lebenden, noch verwurzelten „Material“ und der Umgebung interessante Konzepte entstehen, die sich auf vielfältige Weise mit der Verbindung von Kunst, Mensch und Natur auseinandersetzen. Insbesondere die Vergänglichkeit des Materials und der Pflanzenwachstum im direkten Umfeld wirken in die Gestaltung mit ein. Die Baumskulpturen verändern sich fortwährend, werden Teil der Umgebung sowie natürlicher Verwitterungsprozesse und verweisen auf diesem Wege auf Werden und Vergehen der Dinge. Vorgesehen ist, dass alljährlich eine neue Skulptur hinzukommt: Anstelle einer mühevollen und letztlich nicht realisierbaren Konservierung sind für die „Kunst am Baum“ immer neue Ideen gefragt.