Adams, Robert - Ohne Titel (Betonrelief)
Relief,
1959
Robert Adams - Ohne Titel (Betonrelief).
Bildrechte: Stadt Gelsenkirchen / Uwe Gelesch
Zum Objekt
Was von weitem wie ein massiver Sockel wirkt, der den transparenten Glaskörper des Gelsenkirchener Musiktheaters zu tragen scheint, entpuppt sich beim Herangehen als ein vorgelagerter Betonbau, genauer gesagt als die Kassenhalle des Musiktheaters. Auf dem Theatervorplatz stehend, bleiben dem Besucher die dazugehörenden Eingangstüren zunächst verborgen, da sich diese an den Seiten des Vorbaus befinden. Stattdessen wird der Betrachter mit der frontalen, drei Meter hohen und zweiundzwanzig Meter langen Betonwand konfrontiert, deren ästhetische Qualität nicht zu unterschätzen ist.
Im Zuge der Bauarbeiten des Musiktheaters Gelsenkirchen übersetzte der englische Künstler Robert Adams die komplette Außenwand der Kassenhalle in ein Relief, indem er es direkt vor Ort aus Beton in eine Holzverschalung gießen ließ. Auf diese Weise bildet es im konstruktiven Sinne eine untrennbare Einheit mit der Architektur. Gleichzeitig sucht auch die Gestaltung des Reliefs die unmittelbare Verbindung zum Baukörper. Denn die massiven, großen, eckigen Formen, der sich Adams hier bedient, entsprechen durchaus dem blockhaft-klotzigen Gesamtcharakter dieses dem Theater vorgesetzten Betonbaus. Die den Anblick bestimmende asymmetrische Formenkomposition wiederum stellt der undurchdringlichen Massivität eine überraschende Lebendigkeit und Bewegtheit gegenüber. Auch, dass die Formen unterschiedlich stark plastisch hervortreten, verstärkt diesen Eindruck. Trotz monochromer weißer Farbgebung entsteht auf diese Weise ein nuanciertes Licht- und Schattenspiel; ein Effekt, der früher noch durch eine Beleuchtung von unten verstärkt wurde. Gerade in der Dunkelheit konnte das abstrakte Relief somit zur „Bühne“ werden: Der sich vor der gestalteten Wand bewegende Mensch wurde automatisch zum Bestandteil einer Inszenierung, noch bevor er das Theater überhaupt betrat.
Zum Künstler
Robert Adams gilt als einer der führenden Vertreter der Britischen Avantgarde nach dem Zweiten Weltkrieg. Er studierte an der Northampton School of Art Bildhauerei und Malerei, spezialisierte sich aber schon bald auf den Bereich Skulptur. Einflussreich für seine Arbeiten waren zunächst Henry Moore und Barbara Hepworth, bevor er sich im Verlauf der 1950er-Jahre in eine abstrakt-konstruktivistische Richtung weiterentwickelte und Plastiken in Bronze, Stahl und Beton schuf, die er aus geometrischen Elementen komponierte. Die Spannbreite seines Schaffens reicht dabei von kubisch-massiven Arbeiten bis hin zu leicht wirkenden, gerüstartigen Stahlkonstruktionen.
Hintergrund
Das Musiktheater Gelsenkirchen zählt zu den bedeutendsten Schöpfungen der westdeutschen Nachkriegsarchitektur. Wesentlichen Anteil daran hatte der Architekt Prof. Werner Ruhnau, der mit diesem Bau den Anschluss an die internationale Architekturentwicklung fand und nicht zuletzt durch persönliche Kontakte zur damaligen Zeit noch weitgehend unbekannte Künstler für dieses Projekt gewinnen konnte. Neben Robert Adams waren es u.a. Paul Dierkes, Norbert Kricke und Yves Klein, die mit ihren Arbeiten für die Innen- und Außengestaltung das Musiktheater zu einem Gesamtkunstwerk machten.