Im Jahr 1924 gab die Evangelische Gemeinde Bismarck eine „Kriegerehrung“ zum Gedenken an ihre 269 Mitglieder in Auftrag, die als Soldaten im Ersten Weltkrieg oder an dessen Folgen gestorben waren. Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage verpflichtete das Presbyterium den Künstler Rudolf Schäfer, der zu dieser Zeit als Deutschlands bedeutendster evangelischer Kirchenmaler galt.
Schäfers Gesamtkonzept besteht aus vier Gemälden, Täfelung mit geschnitzten Titeln, Beischriften und Eichenlaubfries sowie marmornen Gedenktafeln. Der Bildzyklus, zum Altar hin orientiert, vermischt biblische Passion, Nationalismus, die Heroisierung der Kriegsopfer und unbewältigte Trauer. Tod und Auferstehung Christi erscheinen als „Kampf“ des von Gott erwählten Deutschland, das sich trotz Niederlage wieder erheben wird. Diese Verbindung von Glaube und Nation machte Schäfer bei deutschnationalen protestantischen Pfarrern und Gemeindevorständen beliebt. Kreuztragung („Auszug zum Kampf“) und Kreuzigung („Der große Kampf“) zeigen dies in Titel und Inhalt besonders deutlich. Otto von Bismarck, Namenspatron des Stadtteils, zugleich als patriotische Symbolfigur verehrt, erscheint als biblischer „Hauptmann unter dem Kreuz“. Die Grablegung vermittelt kühle Ruhe und stille Trauer und nimmt mit dem Titel „Das Heldengrab“ Bezug auf das Motiv der Kriegerehrung. Das Gemälde „Die Hoffnung“ zeigt nicht die Auferstehung, sondern den Auferstandenen mit zwei Jüngern beim Gang nach Emmaus. Titel und rechte Beischrift vermitteln die Hoffnung auf ein Wiedererstarken Deutschlands.
Eingelagert in einem Banktresor überstanden die Gemälde den Zweiten Weltkrieg unbeschadet und wurden in den 1950er Jahren wieder angebracht. Innerhalb der Gemeinde waren sie wegen ihres nationalprotestantischen Geschichtsbildes stark umstritten. Die Gemälde wurden jedoch nicht entfernt, sondern im Jahr 2006 restauriert, um als mahnendes Zeugnis nationalistischen Denkens der 1920er Jahre erhalten zu bleiben.
Erinnerungsorte – eine Aktion von Stadt Gelsenkirchen,Institut für Stadtgeschichte und Demokratischer Initiative in Partnerschaft mit dem Förderverein der evangelischen Christuskirche Gelsenkirchen-Bismarck e. V., 2017