Einer der bedeutendsten aus Gelsenkirchen stammenden Politiker war August Halbfell, der in der Stadt aber weitgehend vergessen ist. August Halbfell wurde am 4. Juli 1889 in Linden bei Bochum geboren. Sein Vater Simon Halbfell war Bergmann und eines der ersten Mitglieder des freigewerkschaftlichen "Alten Verbandes". Der Vater wollte seinem Sohn eine Berufsausbildung außerhalb des Bergbaus ermöglichen, weil entgegen verbreiteten Vorstellungen Bergarbeiterkinder nach den Erfahrungen der Väter eigentlich nicht den gleichen gefährlichen Beruf ergreifen sollten. Eine Buchdruckerlehre brach August Halbfell aber sehr zum Ärger des Vaters ab. Am 15. Oktober 1904, 15jährig trat August Halbfell seine erste Schicht als Bergmann auf Zeche Zentrum 4/6 in Bochum an. Gleichzeitig trat er mit dem Arbeitsbeginn dem "Alten Verband" bei, der sozialdemokratischen Richtungsgewerkschaft, die mit christlich-katholischen und polnischen Organisationen konkurrierte. In den Jahren 1911 bis 1913 konnte August Halbfell dann die Bergschule Bochum besuchen und dort einen Lehrgang für Grubensteiger absolvieren. Nach Abschluss des Lehrgangs begann August Halbfell auf der Zeche Scholven als Steiger zu arbeiten. Gleich nach seiner Hochzeit meldete sich August Halbfell als Kriegsfreiwilliger zum Militär. Halbfell kam an die Front in Frankreich und wurde schwer verwundet. Nachdem er im Lazarett angefangen hatte, für die Soldaten Vorträge über den Steinkohlenbergbau zu halten und dabei mit seinen Kenntnissen bei den Vorgesetzten aufgefallen war, wurde Halbfell zunächst kurz nach Serbien und dann in die Türkei versetzt, um den Verbündeten Deutschlands beim Aufbau des Bergbaus zu helfen. Schließlich übernahm er faktisch die Leitung eines türkischen Bergwerks. Nach dem Weltkrieg kehrte August Halbfell Ende 1918 nach Buer zurück und übernahm wieder seine Tätigkeit als Steiger auf Zeche Scholven. Noch 1918 wurde er Mitglied des "Bundes der technischen Angestellten und Beamten", einer sozialdemokratisch orientierten Angestelltengewerkschaft und auch Mitglied der SPD in Buer. Zwischen 1920 und 1933 war August Halbfell als Vertreter seiner Gewerkschaft Mitglied von wirtschafts- und sozialpolitischen Ausschüssen der Preußischen Regierung und der Reichsregierung und auch Mitglied des Aufsichtsrates des Reichskohlensyndikates. Ab 1922 veröffentlichte August Halbfell zahlreiche Artikel zu Fragen des Ruhrkohlenbergbaus, Lohnfragen, Arbeitszeitfragen und Leistung im Ruhrkohlenbergbau.Der reichsweit als Vertreter der Bergbauangestellten profilierte August Halbfell wurde auch in seiner Heimatstadt politisch aktiv. In Buer kandidierte er 1924 als Spitzenkandidat seiner Partei bei der Stadtverordnetenwahl und wurde so SPD-Stadtverordneter. Nach der Vereinigung von Gelsenkirchen, Buer und Horst im Jahr 1928 wurde August Halbfell wieder als Stadtverordneter für die SPD gewählt.Etwa gleichzeitig übernahm August Halbfell in Gelsenkirchen eine neue berufliche Tätigkeit und wurde Leiter des Gelsenkirchener Arbeitsamtes. Arbeitsamtsdirektor blieb August Halbfell dann bis 1933.
Als Ende Januar 1933 die Nationalsozialisten an die Macht gelangten, musste auch August Halbfell als ein Vertreter des Weimarer „Systems“ erwarten, dass er nun verfolgt wurde. August Halbfell muss offenbar den Hass der Nationalsozialisten in besonderer Weise auf sich gezogen haben. Während nämlich die Machtübergabe an die Nationalsozialisten in den Behörden in Gelsenkirchen insgesamt relativ friedlich vonstatten ging, wurde gegen die Leitung des Gelsenkirchener Arbeitsamtes eine "wilde" Aktion von SA und Hilfspolizei durchgeführt. Am 11. März 1933 wurden August Halbfell und weitere Mitarbeiter des Arbeitsamtes, die aus der Gewerkschaftsbewegung stammten, vorübergehend in „Schutzhaft“ genommen. Offiziell erhielt August Halbfell dann eine Kündigung als Arbeitsamtsdirektor nach dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums". Die Verfolgung August Halbfells ging auch nach der Entlassung aus der Schutzhaft in brutaler Form weiter: Um Ostern 1933 kam ein Trupp uniformierter Nationalsozialisten zum Haus Halbfells. Er konnte mit Hilfe eines an der Gartenmauer aufgestellten Stuhles entwischen. Die Nationalsozialisten verwüsteten daraufhin das Haus. August Halbfell floh zur Kriminalpolizei, um nicht den Schlägertrupps der Nationalsozialisten in die Hände zu fallen. Aus der polizeilichen „Schutzhaft“ wurde August Halbfell dann aber in das KZ Esterwegen, eines der berüchtigten Emslandlager gebracht, wo er bis Anfang 1934 inhaftiert blieb.
Materiell vor dem Nichts stehend, verzog die Familie Halbfell am 15. Oktober 1933 aus ihrem Haus in Gelsenkirchen nach Essen. Mit solchen Umzügen wollten viele Verfolgte ihren Verfolgern mindestens vorübergehend entkommen. In der neuen Stadt waren sie persönlich nicht so bekannt und nicht so gefährdet. Nach der Entlassung aus dem Lager suchte sich August Halbfell eine neue berufliche Perspektive und fand sie in einem recht erstaunlichen Bereich. Ab 1934 baute er eine Feinkostfabrik auf, die u.a. Mayonnaise und Heringssalat herstellte und an die Feinkostabteilungen der großen Kaufhäuser im Ruhrgebiet verkaufte. Die Feinkostfirma hatte bald 60 Beschäftigte. August Halbfell wurde im "Dritten Reich" aber weiterhin mindestens sporadisch überwacht. Zwischen 1934 und 1945 soll Halbfell mehrfach verhaftet und verhört worden sein. Schließlich wurde er auch im Rahmen der "Gewitter"-Aktion nach dem Attentat auf Hitler verhaftet, hatte aber Glück und kam bald wieder frei.
Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus beteiligte sich August Halbfell am Wiederaufbau einer Bergbau-Gewerkschaft, die im Ruhrgebiet als "Industrieverband Bergbau" von erfahrenen Gewerkschaftern aus allen Weimarer Richtungsgewerkschaften nunmehr als Einheitsgewerkschaft wiedergegründet wurde. Während des politischen Wiederaufbaus in seiner nunmehrigen Heimatstadt Essen wurde August Halbfell ab 1. Juli 1945 Arbeitsamtsdirektor bzw. Präsident des Arbeitsamtes. Dieses Amt übte Halbfell nur bis 1. Oktober 1945 aus. Dann wechselte er in politische Funktionen, die eine wichtige Rolle in dem im September/Oktober 1945 noch gar nicht absehbaren Prozess der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen spielen sollten. Am 18. November 1945 erfolgte die offizielle Berufung August Halbfells zum Präsidenten des Landesarbeitsamtes Westfalen und zum "Generalreferenten für Arbeit" und damit faktisch zum Arbeitsminister der westfälischen Provinzialregierung unter dem Anfang Juli 1945 von den Briten ernannten Oberpräsidenten von Westfalen Rudolf Amelunxen in Münster. Ab 30. April 1946 wurde August Halbfell als Generalreferent für Arbeit in der Provinzialregierung Mitglied des von den britischen Besatzungsbehörden ernannten, dem westfälischen Oberpräsidenten beigegebenen westfälischen Provinzialrates. Am 17. Juli 1946 gaben die britischen Besatzungsbehörden dann ihre Entscheidung über die Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt. Die Landesgründung erfolgte offiziell mit Verordnung Nr. 46 vom 23. August 1946. Sechs Tage nach der Landesgründung stand die erste noch von den Briten ernannte Landesregierung. Nach schwierigen Verhandlungen hatte Rudolf Amelunxen ein Allparteienkabinett ohne CDU gebildet.
Der Sozialdemokrat August Halbfell wurde aus der westfälischen Provinzialregierung übernommen und wurde Arbeitsminister im ersten Kabinett Amelunxen. Dieses 1. Kabinett Amelunxen blieb bis 5. Dezember 1946 im Amt. Als dann am 2. Oktober 1946 der erste nordrhein-westfälische Landtag ernannt wurde, der nur bis zum 19. Dezember 1946 in dieser Zusammensetzung tagte, wurde August Halbfell als Mitglied des Kabinetts Mitglied des ersten nordrhein-westfälischen Landtages. Nachdem die britische Militärregierung nach dem Kommunalwahlergebnis vom Oktober 1946 am 29. November 1946 den ernannten nordrhein-westfälischen Landtag in seiner parteipolitischen Zusammensetzung umgebildet hatte, erfolgten auch eine Kabinettsumbildung und die Aufnahme der CDU in die Landesregierung. Die SPD behielt dabei das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium und das Arbeitsministerium, während die CDU einen stellvertretenden Ministerpräsidenten (Karl Arnold), den Sozialminister und das Justizministerium und wenig später noch das Kultus- und das Ernährungsministerium erhielt. Die beiden parteilosen Minister und der KPD-Sozialminister schieden aus. August Halbfell blieb Arbeitsminister und weiter Mitglied des nordrhein-westfälischen Landtags (bis 1954). Bei den ersten nordrhein-westfälischen Landtagswahlen wurde August Halbfell im Wahlkreis Gelsenkirchen 97 direkt gewählt. Nach der Landtagswahl übernahm die CDU als stärkste Partei die Regierungsbildung mit Zustimmung der britischen Besatzungsbehörden. Die CDU-Landtagsfraktion nominierte gegen den Willen Konrad Adenauers Karl Arnold als Ministerpräsidenten, der eine Allparteienregierung ohne FDP bildete. Im ersten Kabinett Arnold blieb August Halbfell Arbeitsminister bis zur zweiten Landtagswahl am 5. Juli 1950. Vorübergehend übernahm der Arbeitsminister auch in der Zeit vom 7. Februar 1948 bis zum 5. April 1948 die Geschäfte des Wiederaufbauministeriums nach dem Rücktritt des KPD-Wiederaufbauministers Hugo Paul. Nach der zweiten Nordrhein-westfälischen Landtagswahl im Juli 1950 bildete Karl Arnold ein neues Kabinett aus CDU und Zentrum. Die SPD ging in die Opposition. Die drei sozialdemokratischen Minister August Halbfell im Arbeitsministerium, Erik Nölting im Wirtschaftsministerium und Walter Menzel im Innenministerium traten ab. Diese drei sozialdemokratischen Minister hatten die Anfangsphase des neuen Landes Nordrhein-Westfalen zwischen 1946 und 1950 wesentlich geprägt. Am 20. Januar 1965 verstarb August Halbfell an den Folgen eines Herzinfarktes in Essen.