Dr. Maria Goetz (1900-1992) studierte von 1919 bis 1924 Medizin in Würzburg, Köln und Freiburg. Im Oktober 1924 wurde sie zur Dr. med. promoviert. Der Beigeordnete Dr. Friedrich Wendenburg holte sie 1931 als Assistenzärztin nach Gelsenkirchen. Auf seinen Wunsch übernahm sie Ende 1932 die ärztliche Betreuung der Kinder des Gertrudisstiftes und den überwiegenden Teil der städtischen „Krüppelfürsorge“. Darüber hinaus war sie zuständig für Schuluntersuchungen, die Überwachung der Kindergärten und die Tuberkulose-Fürsorge für Kinder. Damit fiel ein Großteil der Gelsenkirchener Kinder unter ihre Betreuung.
Zwischen 1934 und 1938 trat sie in verschiedene NS-Organisationen wie den NS-Ärztebund und das NS-Fliegerkorps ein. Sie sympathisierte mit dem neuen Regime und nutzt die Möglichkeit zum Karriereaufstieg. 1937 wurde sie Beamtin auf Lebenszeit und erhielt 1939 die Stelle als Städtische Medizinalrätin in Gelsenkirchen. In dieser Funktion war sie auch weiterhin für die Kinder-, speziell für die Säuglingsfürsorge zuständig. Damit gehörte sie ab 1934 zu denjenigen Ärzten, die im Rahmen des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ Untersuchungen an Kindern durchführten: Sie schrieb Gutachten über die von ihr untersuchten Kinder und überwies einige von ihnen in Heil- und Pflegeanstalten. Die von Goetz gestellten Diagnosen „nicht heilbar“ und „unverändert“ waren für einige der in die Heilanstalten überstellten Kinder das Todesurteil. Obwohl Maria Goetz somit nicht aktiv mordete, waren es ihre Untersuchungen und Gutachten, die die Ermordung Gelsenkirchener Kinder einleiteten.
Trotzdem wurde Goetz nach dem Krieg 1950 wieder Angestellte der Stadt. Sie fiel als politisch unbedenklich durch das Raster der Entnazifizierung und erhielt neben Lob und Anerkennung für ihre „treuen Dienste“ auch eine ordentliche Rente. Für ihre Taten im Dienste des NS-Regimes musste sie sich nicht verantworten.