Die überlieferten Akten des Amtes Braubauerschaft, das 1887 aus dem Amt Schalke herausgetrennt, mit der gleichnamigen Gemeinde 1900 nach dem Reichskanzler "Bismarck" genannt und 1903 mit der Stadt Gelsenkirchen vereinigt wurde, dokumentieren einen Teil eines Lebensweges eines bislang unbekannten Kommunalbediensteten, der das Armenhaus der Gemeinde verwaltete. Der Verwalter des Armenhauses in Braubauerschaft, Ernst Heinrich Theodor Piening, wurde am 4. Januar 1842 als Sohn eines Lehrers im holsteinischen Plön geboren. Er besuchte die Volksschule, bekam zusätzlich Privatstunden und begann mit 14 Jahren seine vierjährige Lehre bei einem Landwirt und Müller. Nach Ende des Deutsch-Dänischen Krieges 1864 ging er nach Westfalen, wo sein ältester Bruder schon seit einiger Zeit lebte. Bis 1868 arbeitete er als selbständiger Müller auf der Herner Mühle, musste aber seine dortige Tätigkeit 1872 wegen gesundheitlicher Probleme aufgeben, sodass er daraufhin eine Stelle als Tages-Portier bei der Spiegel-Manufaktur in Schalke annahm. Diese Arbeit verrichtete er acht Jahre lang, bis er 1880 eine kaufmännische Tätigkeit aufnahm.
Aus seinem in den Archivalien überlieferten Bewerbungsschreiben um die Stelle des Armenhausverwalters von 1892 geht hervor, dass er in Braubauerschaft lebte, verheiratet war und sieben Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren hatte. Seine Einstellung im neu eröffneten Armenhaus erfolgte zum 1. Oktober 1892 und wurde von der Gemeindevertretung einstimmig befürwortet. Der Arbeitsvertrag mit dem Amtmann sowie dem Gemeindevorsteher von Braubauerschaft, der in der alten Akte zu finden ist, schrieb fest, dass er 600 Mark Gehalt pro Jahr erhielt und dass ihm und seiner Familie freie Unterkunft und Verpflegung - so, wie sie auch die Armen erhielten - im Armenhause gewährt wurden. Allein die Verpflegungskosten für Kinder über 14 Jahre musste er selbst übernehmen. Piening musste die Interessen des Armenhauses wahrnehmen und vertreten sowie alle angelieferten Waren und Sachspenden hinsichtlich ihrer Qualität überprüfen. Er verpflichtete sich, die Insassen „human und entgegenkommend, aber auch mit dem nöthigen Ernste“ zu behandeln.Während seiner dortigen Tätigkeit erkrankte seine Frau, sodass er immer mehr auf die Unterstützung seiner ältesten Tochter Amalie angewiesen war. Die Inanspruchnahme eines kostenlosen Arztes wurde ihm von der Gemeindevertretung allerdings nicht gewährt. Nach mehrmaligem Bitten entschied die Gemeindevertretung 1894, sein Gehalt auf 800 Mark anzuheben. 1896 verließ er das Armenhaus, da er eine „Wirtschaft käuflich erworben“ hatte. Er und seine Familie zogen im August aus, um ihrem Amtsnachfolger, Polizeisergeanten Wörmsdorf, Platz zu machen. Die Akten geben keine Auskunft über das weitere Leben von Theodor Pienings im Ruhrgebiet, dessen Bevölkerung im Industrialisierungsprozess rasant wuchs und dessen Gesellschaft durcheinandergewirbelt wurde.