Stadtoberhaupt von Buer, Gelsenkirchen-Buer und Gelsenkirchen
Über fünf politische Herrschaftssysteme hinweg stand Emil Zimmermann (1884–1951) an der Spitze der kommunalen Verwaltung. Unter seiner Verantwortung war die Industriegroßstadt Buer entstanden, als Oberbürgermeister von Buer verhandelte er die Städtevereinigung von Gelsenkirchen, Buer und Horst mit aus und wurde später hier Oberbürgermeister. In der NS-Zeit wurde er aus Gelsenkirchen vertrieben, kurz nach dem Kriegsende wieder in sein Amt zurückgeholt. Als Emil Zimmermann im März 1950 in den Ruhestand ging, konnte er auf eine über zwanzigjährige Amtszeit zurückblicken.
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Amtseinführung von Oberbürgermeister Emil Zimmermann mit Regierungspräsident Amelunxen und Beigeordneten1928, Fotograf: Oskar Ahron. Foto: Institut für Stadtgeschichte
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Verabschiedung von Emil Zimmermann 1950, Fotograf: K.Müller. Foto: Institut für Stadtgeschichte
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Umbenennungsfeier der Jugendherberge Haltern, 1955. Foto: Institut für Stadtgeschichte
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Emil Zimmermann o.D. Foto: Institut für Stadtgeschichte
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Wohnhaus Familie Zimmermann in der Hochstraße 66, um 1920. Foto: Institut für Stadtgeschichte
Herkunft
Emil Friedrich Zimmermann kam am 13. April 1884 in hessischen Dieburg nahe Darmstadt zur Welt. Sein Vater Georg war Postbeamter, seine Mutter Katharina, geb. Pfeiffer führte den Haushalt. Er wuchs mit zwei jüngeren Brüdern in einem evangelisch geprägten Haus auf. 1902 begann er Rechts- und Staatswissenschaften in Gießen und danach in Berlin zu studieren. Als Student schloss sich der „Landsmannschaft Darmstadtia Gießen“ an. 1905 legte er das erste, 1909 das zweite Staatsexamen ab. Im Jahr 1911 heiratete er Elisabeth Natalie Sophie Auguste Hofmann, von allen Elsbeth genannt. Drei Jahre später kam der Sohn Heinrich zur Welt; Tochter Gisela und Sohn Werner wurden später in Buer geboren.
Seine Ausbildung als Verwaltungsjurist führte Emil Zimmermann nach Darmstadt, Hanau, Frankfurt/M., Essen und Rendsburg. Im Jahr 1915 wählte man ihn dort zum Zweiten Bürgermeister. 1917 bewarb er sich als Beigeordneter in Buer, im März 1918 trat er hier seine Stelle im Bereich der Lebensmittelversorgung an. Zimmermann verantwortete auch die herausfordernden Aufgaben Demobilmachung der Kriegsrückkehrer, Unterbringung und Versorgung der Arbeitslosen.
Oberbürgermeister von Buer
Als Bürgermeister Dr. Carl Russell (1870–1950) im Juni 1919 von Buer nach Koblenz wechselte, bewarb sich Zimmermann erfolgreich auf seine Nachfolge. Am 23. Oktober 1919 wurde er Bürgermeister, und nachdem Buer 1921 den Status einer Großstadt bekam, erhielt er die Amtsbezeichnung „Oberbürgermeister“. Im Mai 1924 kandidierte Zimmermann für die linksliberal orientierte Deutsche Demokratische Partei (DDP) für den Reichstag, im Dezember 1924 für den Preußischen Landtag, beide Male aber ohne Erfolg.
Eine große Herausforderung überstand Emil Zimmermann 1923 im Rahmen der Ruhrbesetzung. Er wurde, wie weitere Oberbürgermeister des Ruhrgebiets, mehrfach verhaftet und schließlich in ein französisches Militärgefängnis gebracht. Er erhielt eine hohe Geldstrafe und wurde bis 1924 aus der Stadt verbannt.
Als Stadtoberhaupt zeichnete ihn sein deutlicher Gestaltungswille aus. Wichtig war Emil Zimmermann, dass die Industriegroßstadt Buer „nicht ein aus Jahresringen zusammengesetzter Steinhaufen nach dem landläufigen Begriff der Großstadt sein will, sondern daß sie Rücksicht nimmt auf das Wesen ihrer Einwohner, d.h. in der Hauptsache der Bergarbeiter“. Planvoll ließ er Straßennetz und Straßenbahn-Verbindungen anlegen, Industriezonen abgrenzen und Wohngebiete ausarbeiten. Und er kurbelte die Umsetzung des „Buerschen Grüngürtels“ als Naherholungsgebiet an.
Die Aushandlung der Städtevereinigung
Die Position von Oberbürgermeister Zimmermann in der Frage der Städtevereinigung von Buer mit Gelsenkirchen und dem Amt Horst lässt sich auch aus heutiger Sicht nicht eindeutig bestimmen. In der Anfangszeit zeigte er großes Engagement, um die Eigenständigkeit Buers zu wahren. Doch entwickelte er sich während der Verhandlungen mit den preußischen Staatsvertretern zunehmend zum Realisten. Die ökonomischen Probleme seiner Stadt vor Augen, hoffte Zimmermann nun auf Rettung aus der finanziellen Schieflage. Die Bevölkerung Buers war gespalten, viele lehnten die Vereinigung ab.
Die Städtevereinigung wurde durch den preußischen Staat durchgesetzt. Am 1. April 1928 übernahm Carl von Wedelstaedt die Funktion des kommissarischen Oberbürgermeisters der neuen Großstadt; am 20. September 1928 trat der 44-jährige Emil Zimmermann seine Stelle als Oberbürgermeister von Gelsenkirchen-Buer an. Im März 1930 wurde der Name „Buer“ aus dem Städtenamen entfernt. Die Erzählung vom „Verrat“ Emil Zimmermanns, der dem Zusammenschluss der Städte aus Eigennutz zugestimmt habe, beschäftigte die Menschen in Buer noch viele Jahre. Zimmermann zog gegen diesen Vorwurf erfolgreich vor Gericht.
Nationalsozialisten im Stadtparlament
Dass die Gelsenkirchener Wählerschaft sich zunehmend rechtsextremistischen Strömungen zuwandte, hatte sich schon länger abgezeichnet. Als Oberbürgermeister stellte Zimmermann sich den Nationalsozialisten stets entgegen. Er wurde damit häufig auch Ziel der Angriffe. Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 verschob sich das Machtgefüge deutlich. Am 13. März 1933, einen Tag nach den Stadtverordnetenwahlen, ließ sich Zimmermann beurlauben. Später wurde er gemäß des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus dem Dienst entlassen. Bald zog Familie Zimmermann nach Essen-Altenessen. Zimmermann ließ sich als freiberuflicher Verwaltungsrechtsrat nieder. Im März 1943, nach zahlreichen Bombennächten, verlegten Emil und Elsbeth Zimmermann ihren Wohnsitz nach Kleestadt bei Dieburg. Dort ereilte den ehemaligen Oberbürgermeister im Mai 1945 die Nachricht, dass er nach Gelsenkirchen zurückkommen solle.
Rückkehr nach Gelsenkirchen
Ein britischer Offizier holte ihn in Kleestadt ab. Am 1. April 1945 war der NSDAP-Oberbürgermeister Carl Böhmer aus der Stadt geflohen. Nun bekundeten die Beigeordneten einhellig, dass „Herr Zimmermann einen Rechtsanspruch darauf habe, wieder die Stelle des Oberbürgermeisters von Gelsenkirchen zu erhalten“. Zimmermann kam zugute, dass er über viele Jahre die Stadt geführt hatte. So konnte er den Überblick halten, bis die gesellschaftlichen Strukturen sich stabilisiert hatten.
Seine Amtszeit dauerte kein Jahr. Am 15. März 1946 wurde Robert Geritzmann, ein SPD-Mann, zum Oberbürgermeister gewählt. Zimmermann erhielt das Amt des Oberstadtdirektors. Er lenkte die Geschäfte der Stadt bis zu seiner Pensionierung, am 31. März 1950. Als Emil Zimmermann am 8. Februar 1951 starb, brachte die Traueranzeige der Stadt Gelsenkirchen seine Bedeutung auf den Punkt: „Die Stadt Gelsenkirchen betrauert in ihm den Mann, der seit 1918 in den entscheidenden Stadien ihrer Entwicklung an ihrer Spitze gestanden hat.“
Emil Zimmermann wurde auf dem Waldfriedhof in Darmstadt in der Familiengruft bestattet.
Spuren von Emil Zimmermann
Emil Zimmermann starb im wahrsten Sinne des Wortes „zu früh“. Denn die Ehrenbürgerschaft, die nur an Lebende verliehen wird, erhielt er nicht. Im Juni 1951 wurde aber ihm zu Ehren im Stadtwald das „Emil-Zimmermann-Heim“ eröffnet. Hier befindet sich heute ein Waldorfkindergarten. 1955 erhielt die 1927 erbaute Jugendherberge am Halterner See den Name „Emil-Zimmermann-Jugendherberge“. An sein städtebauliches Wirken erinnert seit 1957 die südlich des Buerschen Gürtels gelegene „Emil-Zimmermann-Allee“. Auch wenn die Verbindungsstraße zwischen der Cranger und der Horster Straße in ihrem heutigen Verlauf erst nach und nach entstanden ist: Die Straßenbepflanzungen entstammen dem ursprünglichen städtebaulichen Konzept und sind somit fortdauernde Zeugen des Wirkens von Emil Zimmermann.