28. Juni 2019, 11:42 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
GE. Der Sellmannsbach wird derzeit von Emschergenossenschaft und von AGG Gelsenkanal noch als offener Abwasservorfluter betrieben. Während heute hohe Zäune, enge steile Böschungen, der Blick auf eine graue, trübe Brühe und der Geruch nach Abwasser das Bild des Sellmannsbachs prägen, soll sich das Gewässer künftig mit der Emscher und den Emschernebenläufen wieder zu einer naturnahen Flusslandschaft entwickeln.
Dieses für die Stadt und AGG Gelsenkanal größte Umbauprojekt im Zusammenhang mit dem Emscherumbau wird in Zusammenarbeit mit der Emschergenossenschaft in verschiedenen Bauabschnitten umgesetzt.
Aktuell stehen die Arbeiten zum Bau der Abwasserkanäle im Vordergrund. Der Bau der Abwasserkanäle ist für das eigentliche Ziel, die Entflechtung und ökologische Verbesserung des Sellmannsbaches, zwingend erforderlich. Denn das Abwasser, welches zuvor durch den Bach floss, muss natürlich auch zukünftig beseitigt werden. Hierzu werden parallel zum Gewässer neue große Kanäle gebaut, die das Abwasser aufnehmen. Im Bach selber wird dann nur noch sauberes Regen- und Grundwasser fließen. Der Bau der Abwasserkanäle spielt also eine elementare Rolle im Gesamtprojekt.
Andreas Fischer von der AGG berichtet dazu: “Die laufende Kanalbaumaßnahme im Bereich Magdeburger Straße, Bismarck- und Bornstraße wird im September 2019 abgeschlossen. Im Dezember 2019 beginnen die Arbeiten im Bereich Tossehof sowie Bulmker und Burgers Park. Dort wird parallel zum Sellmannsbach der neue Abwasserkanal in Richtung Süden bis zur Wanner Straße hergestellt. Aufgrund der geplanten Tiefenlage wird der Abwasserkanal mit einem Durchmesser von 1,60 Metern im unterirdischen Rohrvortriebsverfahren hergestellt. Bei diesem Verfahren bohrt sich ein großer „Bohrer“ durch das Erdreich. Sichtbar werden die Bauarbeiten nur im Bereich der Press- und Zielbaugruben, also den Start- und Endpunkten des „Bohrers“, sowie der nachträglich einzubauenden Kontrollschächte. In der Florastraße und in der Bulmker Straße wird es zu verkehrstechnischen Beeinträchtigungen kommen, weil dort die neue Bachverrohrung aufgrund der geringen Tiefenlage offen verlegt werden muss. Im Anschluss an die Kanalbauarbeiten folgt dann – ab 2021 – der Beginn der Arbeiten zur ökologischen Verbesserung.“
Die Vorarbeiten dazu müssen bereits im Oktober 2019 beginnen. „Sämtlichen Bewuchs von den Flächen, die für die Kanalbaumaßnahe und für die Neugestaltung des offenen Sellmannsbachs benötigt werden, zu entfernen, ist zwangsläufig notwendig“, erläutert Kerstin Feldhaus von der AGG.
Sichtbar werden diese Arbeiten vor allem im Bereich des Baches auf Höhe des Sportplatzes Plutostraße im Burgers Park und weiter südlich bis zur Hohenstaufenallee. Doch alle Veränderungen sind zuvor von einem Fachgutachter beurteilt und von den Behörden genehmigt worden. Bestandteil der Genehmigung sind auch entsprechende Vorgaben zum Ausgleich. Unterm Strich wird der neugestaltete Sellmannsbach ein deutliches Plus für die Natur in diesem Bereich bringen.
Wie die ökologische Verbesserung abläuft, erläutert Alfred Dix, AGG Gelsenkanal Planungsverantwortlicher für die Maßnahme Sellmannsbach: "Zunächst werden die Betonsohlschalen entfernt. Wo es möglich ist, wird dem Gewässer mehr Raum gegeben, um sich natürlicher entwickeln zu können. Es wird eine etwa drei Meter breite Bachaue mit Trockenwetterlauf angelegt. Hinzu kommen die Böschungen, die wo möglich, flacher gestaltet werden. Im Bereich zwischen Hohenstaufenallee und Bulmker Straße wird die Gewässersohle höher gelegt. Im Bereich zwischen Bulmker Straße und Burger Park wird die Sohle vertieft. So kann dauerhaft auf das Pumpwerk in Bulmke verzichtet werden. Das hat den Vorteil, dass diese zuvor für die Tiere im Gewässer unüberwindbare Hürde entfällt – ganz im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie – die unter anderem genau dies fordert."
An ausgewählten Gewässerstationen wird man künftig näher an das Gewässer kommen und die Natur beobachten und erleben können. Die Planungen und die Umsetzung begleitet das Landschaftsarchitekturbüro Hoff. Mit vielen Beispielen und positiven Erfahrungen aus anderen Projekten berichtet Martina Hoff wie der Sellmannsbach zukünftig in den lokalen Freizeit- und Erholungsraum eingebunden werden kann. An insgesamt sieben Stationen wird man beispielsweise die sich nach und nach entwickelnde Natur beobachten können oder sich an verschiedenen Aufenthaltsorten Ausruhen können. Andere Stationen führen ans Wasser heran oder über Trittsteine auch über das Wasser.
Martina Hoff berichtet aus Gladbeck. Dort habe sie am Hahnenbach die Umsetzung eines blauen Klassenzimmers begleitet. Im Bereich des Tossehofs bietet sich dies auch am Sellmannsbach an. Der Bach wir durch eine besondere Geländemodellierung und Naturbaustoffe zum Freiluftklassenzimmer für Schulklassen und KiTas. So kann das Thema Wasser praxisnah in den KiTa-Alltag und den Unterricht eingebunden werden.
So wird man nach dem Abschluss aller Baumaßnahmen sehen und erleben können, wofür die umfangreichen Vorarbeiten und auch die von der Öffentlichkeit und Politik kritisch hinterfragten Eingriffe nötig waren. Dann ist der Sellmannsbach endlich wieder schön. Erfahrungen aus anderen Projekten z.B. am Springbach in Gelsenkirchen zeigen, dass sich der Aufwand lohnt. Denn mit einer grauen, trüben und nach Abwasser stinkenden Brühe wird der Sellmannsbach dann nichts mehr zu tun haben. Es wird eine deutliche Steigerung des Wohn- und Erholungswertes durch den Umbau des Gewässers geben.