09. September 2016, 11:12 Uhr | Westfälische Hochschule
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In Amatrice/Italien hat das Tradr-Team eine Arbeitsbasis eingerichtet, um von dort die Drohnen und Roboter in die einsturzgefährdeten Gebäude zu schicken. Bildrechte: TRADR
Mittwoch, 24. August: In Italien bebt die Erde. Mehrere Hundert Tote sind zu beklagen. Die ersten Tage vergehen für die Einsatzkräfte vor Ort mit der Rettung von Verschütteten und der Bergung der Leichen. Aber bereits am Dienstag, 30. August ging bei Prof. Dr. Hartmut Surmann, Roboterprofessor an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen, per Mail ein Hilferuf ein: Ob er mit seinen Drohnen und Robotern der italienischen Feuerwehr dabei helfen könne, in für Menschen wegen Einsturzgefahr unzugänglichen Kirchen in Amatrice Erkundungsflüge und -fahrten durchzuführen als Datengrundlage für Wiederaufbau und Restaurierung. Hartmut Surmann lehrt und forscht an solchen Flug- und Bodenrobotern. Doch im Normalfall im Labor oder auf dem Hochschulgelände, im August war er gerade bei einer Übung in Finnland, die von „TRADR“ für Studierende angesetzt worden war. TRADR steht für „Long-Term Human-Robot Teaming for Robot Assisted Desaster Response“ und ist ein EU-finanziertes, internationales Forschungsprogramm für den Einsatz von Robotern in Katastrophengebieten.
Dann ging alles sehr schnell. Surmann sammelte eine Zehnergruppe von europäischen Teamkollegen um sich, die per Auto und Flugzeug und mit ihren Geräten nach Italien aufbrachen. Am Morgen des ersten Septembers richteten sie eine Stunde außerhalb von Amatrice ein Basiscamp ein und vor Ort eine Arbeitsbasis. Die Roboter nuckelten noch Strom, Programme wurden synchronisiert. Von zwei Kirchen, Sant‘Agostino und San Francesco, sollten sie mit ihren bodengestützten Robotern und fliegenden Drohnen Daten aller Art sammeln und zu einem dreidimensionalen Modell zusammenrechnen. Surmann: „Obwohl wir das alle schon ein paar Mal geübt hatten, war die Anstrengung enorm und der Adrenalinspiegel bei allen sehr hoch.“ Die Arbeitsbedingungen waren schwierig: Immer wieder Nachbeben, Wände ringsum, die einzustürzen drohten, Sonne, die nicht wärmte, sondern blendete. Und immer um sie herum die italienischen Feuerwehrmänner, die die Wissenschaftler im Auge behielten, um sie bei Gefahr sofort zu evakuieren. Und alles unter ständiger Beobachtung der italienischen Presse.
Bereits am Freitag, den zweiten September lieferte das internationale Roboterteam das erste 3-D-Modell, am Folgewochenende folgten weitere Modelle. Surmann: „Die Datenflut ist so gewaltig, dass wir viele Stunden Rechenzeit brauchten. So ein Modell bunkert am Ende rund anderthalb Gigabyte Speicherplatz.“ Geliefert wurden die Modelle per Internet.
Der nächste Einsatz ist schon angefragt: Im E-Mail-Eingang von Hartmut Surmann liegt eine Anfrage aus Myanmar. Auch dort bebte die Erde.