27. März 2018, 11:37 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Liebe Gelsenkirchenerinnen,
liebe Gelsenkirchener!
Nein, niemand hat das erwartet. Auch ich nicht. Dass es gelingen würde, 2017 weitgehend ohne neue Schulden auszukommen – ja, das zeichnete sich im vergangenen Jahr irgendwann ab. Aber dass wir dann wirklich einen Haushaltsüberschuss erzielen, und zwar in Höhe von 34 Millionen: Das ist einfach bemerkenswert. Und weil das so ist, möchte ich zu diesem Ergebnis gerne ein paar Sätzen sagen.
Sie wissen es ebenso wie ich: Seit Jahrzehnten schon haben wir in Gelsenkirchen Haushaltspläne erstellen müssen, die meist nur recht notdürftig die in unserer Stadt anfallenden Aufgaben finanziert haben. Ohne Schulden ging das schon lange nicht mehr. Bereits als junger Stadtverordneter in den 1990er-Jahren habe ich das so erlebt. Das hatte und hat mit dem Strukturwandel zu tun, mit den wegfallenden Gewerbesteuererträgen, mit wachsenden Sozialkosten. Aber eben auch damit, dass wir von Bund und Land zu wenig Geld zur Verfügung gestellt bekommen haben für das, was wir in unserer Stadt leisten sollen.
In den vergangenen Jahren wurde der Druck etwas geringer. Die frühere Landesregierung hat mit dem Stärkungspakt ein Programm auf die Beine gestellt, das den Städten beim Haushaltsausgleich spürbar hilft. Und es gibt natürlich auch einen zweiten, ganz entscheidenden Punkt, der unsere Haushaltslage seit einiger Zeit besser dastehen lässt – und das ist unser städtisches Handeln.
Wir haben gespart in Gelsenkirchen, wir haben über viele Jahre und oft mit Zähneknirschen gespart, wir haben zahlreiche schmerzhafte Einschnitte hingenommen. Eigentlich hatte ich in jedem Jahr als Oberbürgermeister nach der Haushaltsaufstellung noch eine Liste mit Projekten übrig, die unserer Stadt gut getan hätten – auf die wir jedoch schweren Herzens verzichten mussten. Bei all dem, das muss ich sagen, war und bin ich dankbar, dass Sie, dass die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt dies mitgetragen haben.
Richtig ist aber auch: Wir haben gespart, jedoch stets mit Augenmaß. Wir haben in all den Jahren keine stadtprägenden Einrichtungen zur Debatte gestellt. Keine Frage, ohne diese Sparpolitik könnte sicher vieles schöner aussehen in Gelsenkirchen, manches würde besser sein. Aber unterm Strich muss man doch sagen: Wir haben nichts weggenommen, was für eine lebenswerte Stadt unverzichtbar ist.
Wir sind bei allen Sparanstrengungen nicht an die Substanz der kommunalen Angebote gegangen. Etliche Städte haben das anders gehalten, haben städtische Einrichtungen geschlossen, Theater, Schwimmbäder, Bibliotheken. Einige haben ihre kommunalen Wohnungsgesellschaften verkauft. Wir nicht. Denn wem hilft es, schuldenfrei zu sein, wenn viele Menschen keine bezahlbare Wohnung finden?
Für mich war immer klar: Ein städtischer Haushalt ohne neue Schulden kann kein Selbstzweck sein, nicht in Gelsenkirchen. Die Menschen in Gelsenkirchen mit ihren Bedarfen sind wichtiger als alle Finanz-Kennzahlen. Deshalb haben wir stets abgewogen, wir haben stets darauf geachtet, beides in etwa in der Balance zu halten – das Sparen wie auch das Investieren.
Darum enthalten auch die Haushalte 2017 und 2018 Investitionen. Darum war auch der Haushalt mit dem Rekordüberschuss kein mager und krank geschrumpfter Haushalt, bei dem vor allem die Kosten reduziert wurden. Sondern durchaus einer, der in die Zukunft weist. Wie also lässt sich dieser Überschuss erklären?
Die Antwort ist einfach, aber nur bedingt zufriedenstellend: Der wohl wichtigste Faktor dabei ist die Schwankung der Gewerbesteuer. Solche Schwankungen sind üblich und für eine Kommune nicht zu prognostizieren; das Pendel kann in beide Richtungen ausschlagen, das haben wir in den vergangenen Jahren erlebt. Und das heißt dann leider auch: Es ist schön, dass wir 2017 Schulden tilgen konnten. Aber es ist leider ziemlich unwahrscheinlich, dass wir uns dauerhaft darauf verlassen können. Dieses gute Ergebnis wird sogar dazu führen, dass wir in Zukunft weniger Zuweisungen des Landes erhalten, was unsere Haushaltssituation strukturell wieder schwerer macht.
Was bleibt also von diesem Haushaltsjahr? Die Zufriedenheit darüber, dass wir in Gelsenkirchen mit viel Einsatz über die Jahre für unsere finanzielle Handlungsfähigkeit gekämpft haben – und dabei echte, vorzeigbare Erfolge vorzuweisen haben. Und zugleich eine Erkenntnis, die keine ganz neue ist: Wir werden auch in Zukunft sehr genau abwägen müssen, wofür wir unser Geld ausgeben.
Ihr
Frank Baranowski