16. September 2019, 17:13 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
GE. Am 13. September 2020 werden in Gelsenkirchen – wie in allen nordrhein-westfälischen Städten und Gemeinden – ein Oberbürgermeister, Rat und Bezirksvertretungen neu gewählt.
Hierzu erklärt Amtsinhaber Frank Baranowski:
Bei der nächsten Kommunalwahl werde ich 16 Jahre lang Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen sein und übe dann über dreißig Jahre – also mehr als mein halbes Leben – ein öffentliches Mandat aus (Ratsmitglied, Landtagsabgeordneter, Oberbürgermeister). Ich habe es immer als große Auszeichnung und Ehre empfunden, für meine Heimatstadt über einen so langen Zeitraum ununterbrochen politisch tätig sein zu dürfen. Diese verantwortungsvolle Aufgabe macht mir nach wie vor Freude. Erst am Wochenende konnte ich wieder erleben, welchen Unterschied die Menschen in unserer Stadt machen können. 25 Jahre Gelsensport, 125 Jahre DRK in Gelsenkirchen, Stadtteilinitiativen und Runde Tische auf dem Neumarkt – so viel Ehrenamt an zwei Tagen kann einen Oberbürgermeister nur Stolz auf die Stadt machen.
Dennoch: Die Frage, wie lange soll und kann man ein derartiges Amt ausüben und wann ist Zeit, aufzuhören, sollte sich jeder Politiker stellen.
Als junger, politikinteressierter Mensch empfand ich die 16-jährige Amtszeit des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl schon als schrecklich lang. Und auch heute erscheint mir die Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel als eine kleine Ewigkeit.
Wenn ich diesen Maßstab aber an andere anlege, dann muss ich ihn auch für mich gelten lassen.
Wenn mir bei standesamtlichen Trauungen die Brautpaare sagen, dass ich bereits bei ihnen in der Grundschule vorgelesen habe, wird deutlich: Menschen in Gelsenkirchen, die bei der nächsten Kommunalwahl das erste Mal wählen dürfen, kennen keinen anderen Oberbürgermeister als mich.
Ich wollte jedenfalls nie in die Geschichte der Stadt Gelsenkirchen eingehen als dienstältester Oberbürgermeister der Nachkriegszeit. Das ist zurzeit Robert Geritzmann, er war Oberbürgermeister von 1946 bis 1963, also 17 Jahre.
Während meiner Zeit in öffentlichen Ämtern und Mandaten habe ich immer versucht, mir die Fähigkeit zur Selbstkritik zu bewahren. Mir war immer wichtig, meine Funktion und mich nicht wichtiger zu nehmen, als unbedingt notwendig. Daraus resultiert auch die klare Einstellung, selbstbestimmt aufzuhören und nicht den Eindruck zu erwecken, ich müsse irgendwann aus dem Amt gedrängt werden.
Mein Ziel: Dann aufzuhören, wenn die Mehrheit der Menschen „Schade“ sagt und nur eine Minderheit „endlich“.
Viel zu häufig habe ich selber im politischen Geschäft das Gegenteil erlebt, dass man sich nach einer langen Amtszeit als unentbehrlich betrachtete.
Für mich galt immer – auch wenn der politische Gegner stets anderes behauptet hat und sich immer irrte (zuletzt noch vor der letzten Wahl) – eine Wahl für fünf oder sechs Jahre gilt auch für diese gesamte Zeit. Angebote für Wechsel auf andere Politikebenen während meiner laufenden Wahlperioden habe ich stets abgelehnt. Altersteilzeit, Stundenreduzierung, vorzeitiges Ausscheiden sind für Oberbürgermeister jedenfalls keine Option.
Bei meiner aktuellen Entscheidung war somit für mich zum einen die Frage nach meiner Kraft, Gelassenheit, Durchsetzungsfähigkeit und Offenheit für neue Ideen am 13. September 2020 zu beantworten. Zum anderen aber eben auch für die Jahre vier oder fünf der neuen Wahlzeit. Habe ich mit einer dann 20 oder 21-jährigen Amtszeit auch noch die nötige Flexibilität, Energie und Aufnahmebereitschaft für die Notwendigkeiten in Gelsenkirchen und die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger oder habe ich dann alles schon einmal gehört und gesehen?
Zugegeben, ein Aufhören im Jahr 2020 wird mir sehr schwer fallen - aber Hand aufs Herz: es würde im Jahr 2025 doch nicht einfacher!
Meine Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht. Dabei hat auch die Entwicklung der SPD noch einmal eine Rolle gespielt. Gerade jetzt, so wurde mir intensiv geraten, würde ich gebraucht. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir das nicht auch geschmeichelt hätte.
Ich habe dann die letzten Wochen noch einmal zum Nachdenken genutzt. Aber das Ergebnis bleibt gleich. Die Hinweise, ich würde gebraucht, sind Balsam und sie tun gut. Aber letztlich darf dieser Balsam nicht das überdecken, was für mich auf der Hand liegt.
Ich war immer und bin nach wie vor fest davon überzeugt, dass niemand in seinem Beruf unentbehrlich ist. Auch nicht als Politiker.
Nach gründlichen und reiflichen Überlegungen komme ich zu dem Ergebnis, dass ich im nächsten Jahr nach 16-jähriger Amtszeit nicht erneut zur Wahl des Oberbürgermeisters antrete. Ich halte das für den richtigen Zeitpunkt.
Ich bin mir ganz sicher, dass meine SPD in einer anderen Aufstellung ihre gute und erfolgreiche Arbeit für Gelsenkirchen fortsetzen wird.
Das ist jetzt auch noch nicht der Zeitpunkt, um bereits Bilanz zu ziehen oder mit Abschiedsveranstaltungen zu beginnen. Bis zum Ende meiner Amtszeit im Oktober 2020 (!) werde ich mit voller Kraft und Energie für Gelsenkirchen arbeiten und meinen Vertrag mit den Bürgerinnen und Bürgern voll erfüllen - an Herausforderungen mangelt es in keinem Fall!