26. Juli 2023, 22:09 Uhr | Institut Arbeit und Technik (IAT)
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Seit Jahrzehnten wächst die weltweite Vernetzung der deutschen Wirtschaft. Als Gegentrend zeigen sich Regionalisierungstendenzen von Wertschöpfungsketten und sogar eine Reintegration von Produktionsbetrieben und Handwerk in unsere Städte.
„Wenn unter dem Label Urbane Produktion Kaffee in der Stadt geröstet wird oder T-Shirts an urbanen Orten bedruckt werden, findet zwar ein Großteil der monetären Wertschöpfung urban statt, der Ressourcenverbrauch und die Emissionen sind und werden allerdings weiterhin – meist nach Süden – verlagert“, kritisiert Dr. Stefan Gärtner, Direktor des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Westfälische Hochschule Gelsenkirchen).
Im neu erschienenen Sammelband „Die Produktive Stadt“ wird die (Re-)Integration der Urbanen Produktion in den Blick genommen, ihr (möglicher) Beitrag zur „Stadt der kurzen Wege“, zu Energieeffizienz und Klimaschutz. Der IAT-Forscher Gärtner und Prof. Dr. Phillipp Schepelmann vom Wuppertal Institut haben in ihrem Beitrag die Herausforderungen der globalen Umweltgerechtigkeit für die Bereiche Planung, Kreditwesen und die Regulierung der Lieferketten diskutiert. Hippe Produkte wie z.B. vor Ort gesiedete Seifen, Kleidung aus der Manufaktur oder Schokowaffeln erhalten über das Narrativ „urban und lokal hergestellt“ eine Überschussbedeutung. Oftmals werden aber im urbanen Raum Produkte nur veredelt, die Belastungen dagegen verlagert. Es mangelt nicht an Plänen, aber am Wissen, wie so ehrgeizige Ziele wie Klimaneutralität überhaupt erreicht werden können.
Die Ursache sehen Gärtner und Schepelmann darin, dass Planungsbehörden aus verständlichen Gründen nur die lokalen Auswirkungen betrachten und Unternehmensentscheidungen ebenfalls aus verständlichen Gründen einer auf lokale Eigeninteressen ausgerichteten Logik folgen. Lokale AkteurInnen der Gegenwart geben die Richtung vor, Interessen von räumlich und zeitlich entfernten Betroffenen etwa in anderen Kontinenten oder zukünftige Generationen spielen, wenn überhaupt, nur deklaratorisch eine Rolle.
Eine global verantwortliche Stadtpolitik müsste darauf achten, dass zumindest ein Teil der von der Bevölkerung konsumierten Produkte auch auf dem eigenen Territorium produziert und recycelt beziehungsweise entsorgt wird. Dies könnte zu einer größeren Sensibilität gegenüber den durch Konsum verursachten Umweltbelastungen und dies wiederum zu weniger Konsum sowie Einsparung von Energie und Ressourcen führen (Suffizienz). Fazit der Forscher: „Die deutsche Wirtschaft kann über Lieferketten zwar global wirkungsvoll agieren, das schlägt sich allerdings kaum in der Bewertung z. B. von Urbaner Produktion nieder. Für eine global umweltgerechte Urbane Produktion fehlt es derzeit an Wissen, Methoden, Prozessen und Erfahrungen.“