Investor aus Ratingen tauscht Bauruine gegen Wohnungen und eine Kindertagesstätte
Gelsenkirchen schreibt mit Rückbaugebot und Beharrlichkeit Geschichte
27. Januar 2025, 18:12 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
-
Präsentierten ds Neue Projekt an der Emil-Zimmermann-Allee: Referatsleiter Hans-Jochim Olbering, OB Karin Welge, Investor Michael Türk, Stadtbaurat Christoph Heidenreich, Betriebsleiterin Gekita Holle Weiß.
Bildrechte: Stadt Gelsenkirchen - Gerd Kaemper
-
Zur Vorstellung des ersten erfolgreichen Rückbaugebots gratulierte Ministerin Ina Scharrenbach Oberbürgermeisterin Karin Welge und Investor Michael türk.
Bildrechte: Stadt Gelsenkirchen - Gerd Kaemper
-
Ansicht des geplanten Gebäudes an der Emil Zimmermann-Allee.
Bildrechte: Unternehmensgruppe Michael Türk
-
Ansicht des geplanten Gebäudes an der Emil Zimmermann-Allee.
Bildrechte: Unternehmensgruppe Michael Türk
-
Ansicht des geplanten Gebäudes an der Horster Straße.
Bildrechte: Unternehmensgruppe Michael Türk
Bereits über 20 Jahre steht das Hochhaus an der Emil-Zimmermann-Allee 1 nun leer und hat sich in dieser Zeit mehr und mehr zu einem Schandfleck im Stadtteil entwickelt. Nun sind die Tage der Bauruine gezählt, denn Michael Türk aus Ratingen wird das Hochhaus abreißen und durch eine attraktive Wohnbebauung und eine Kindertagesstätte ersetzen.
„Nach mehr als 20 Jahren geht jetzt ein Weg zu Ende, der für die Nachbarn und Anwohnenden und natürlich für die Stadtverwaltung nicht einfach war. Über 20 Jahre Leerstand haben nicht nur für einen Schandfleck im Stadtbild gesorgt, sondern auch die üblichen Begleiterscheinungen wie Müllablagerungen oder Nagerbefall verursacht“, bringt es Oberbürgermeisterin Karin Welge auf den Punkt. „Wenn wir jetzt unser Ziel erreichen, zeigt es sich, dass langer Atem sich auszahlt. Es ist auch gleichzeitig ein Zeichen an alle, die mit Immobilien spekulieren. Es gilt weiterhin der Grundsatz, dass Eigentum verpflichtet. Und wir haben viele weitere Instrumente, um diesen Grundsatz durchzusetzen.“
Die Oberbürgermeisterin bedankte sich ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die durch intensive Recherche und großen Einsatz die Umsetzung möglich gemacht haben.
„Es wird weiter aufgeräumt und das: Sichtbar. Nun gibt es auch eine Lösung für die Emil-Zimmermann-Allee. Mit dem Abriss dieser Problemimmobilie wird Gelsenkirchen von einer weiteren Altlast befreit. Und: Mit jedem Abbruch gibt es zugleich einen Aufbruch. Moderner Wohnraum sowie eine Kita sollen in Zukunft einziehen. Die öffentliche Wohnraumförderung des Landes Nordrhein-Westfalen ist Möglichmacherin für bezahlbares Wohnen. Mit dem ‚Gelsenkirchen-Projekt‘ steht das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen als starker Partner an der Seite Gelsenkirchens,“ sagt Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.
Erstes Rückbaugebot in Deutschland
Möglich wird der Abriss durch das beharrliche Vorgehen gegenüber dem ehemaligen Eigentümer. Der Referatsleiter Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Hans Joachim Olbering, hat zusammen mit andere städtischen Beschäftigten referatsübergreifend ein Kompetenzteam gebildet, dass sich gemeinsam auf den langen Weg gemacht hat und am Ende das bundesweit erste Rückbaugebot erwirkt hat.
Die Gebäude Emil-Zimmermann-Allee 1 (Hochhaus) und Horster Straße 201-203 stehen seit rund 20 Jahren leer und sind durch Verwitterung und Vandalismus stark beschädigt. Insgesamt befinden sich die Gebäude in einem unbewohnbaren und wirtschaftlich nicht sanierbaren Zustand. Auch das Stadtbild wird an der markanten Lage am Eingang zum Stadtteil Buer und mit direkter Sicht von der Autobahn A 2 durch die Verwahrlosung erheblich beeinträchtigt.
Referatsübergreifendes Kompetenzteam nutzte alle rechtlichen Möglichkeiten
Hans-Joachim Olbering: „Da mit dem damaligen Eigentümer keine einvernehmliche Lösung zur Beseitigung dieser Missstände erzielt werden konnte, hat sich die Stadtverwaltung Gelsenkirchen ab Januar 2019 verstärkt darum bemüht, rechtliche Schritte einzuleiten, die den Rückbau der Problemimmobilien und eine sinnvolle Nachnutzung der Grundstücke zum Ziel hatten. Ein Kompetenzteam bestehend aus den Referaten Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Recht, Stadtplanung und Bauordnung hat dafür in den folgenden Jahren eine Vielzahl an ordnungsrechtlichen Instrumenten eingesetzt, die teilweise bundesweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben.“
So beauftragte der Rat der Stadt die Verwaltung im Juli 2019 einstimmig mit der Anwendung von Rückbau- und Entsiegelungsgeboten nach § 179 BauGB, um den Rückbau der Gebäude zu erzielen. Das Rückbaugebot für die Immobilie Emil-Zimmermann-Allee 1 wurde im November 2019 erlassen. Der Erlass des Rückbaugebots betreffend die Gebäude Horster Straße 201-203 erforderte vertiefende Fachgutachten. Aus diesem Grunde konnte der Bescheid erst im Mai 2021 erfolgen.
Alteigentümer klagte gegen die Auflagen
Beide Rückbaugebote wurden durch den damaligen Eigentümer beklagt und waren mehrere Jahre beim Verwaltungsgericht anhängig, was eine zeitnahe Durchführung des Rückbaus durch die Stadt verhindert hat.
Im Mai 2021 ist schließlich eine Vorkaufrechtssatzung nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB beschlossen worden, in deren räumlichen Geltungsbereich sich die betreffenden Grundstücke befinden. Auf dieser Grundlage kann die Stadt Gelsenkirchen im Verkaufsfall ein besonderes Vorkaufsrecht geltend machen.
Im März 2024 hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen schließlich zugunsten der Stadt Gelsenkirchen geurteilt, und die Rechtmäßigkeit des Rückbaugebotes bestätigt. Als erstes Verfahren dieser Art hat das Urteil eine über diesen Fall hinausgehende Bedeutung und bundesweites Interesse erlangt. Das koordinierte operative Verwaltungshandeln in der Stadt Gelsenkirchen in Bezug auf die Beseitigung von Problemimmobilien hat auch an diesem Beispiel seine Wirksamkeit bewiesen
Suche nach einem Investor erfolgreich
Parallel zum Gerichtsverfahren sah sich die Stadt mit den Verkaufsabsichten des früheren Eigentümers und einigen Kaufinteressenten konfrontiert, die wenig konkrete und nicht belastbare Überlegungen für eine gutachterlich ausgeschlossene Instandsetzung der Gebäude ankündigten.
Um das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung über mehrere Instanzen und damit einen Stillstand von möglicherweise weiteren mehr als 10 Jahren zu reduzieren hat auch die Verwaltung den Kontakt mit Kaufinteressenten gesucht.
„Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir an dieser Stelle mit Herrn Michael Türk (Michael Türk Bauen, Planen & Architektur GmbH, Wir bauen gute Zukunft!, Ratingen) ein Investor gefunden haben, der vertrauenswürdige Referenzen aufweist und ein schlüssiges Gesamtkonzept erarbeitet hat“ so Gelsenkirchens Stadtbaurat Christoph Heidenreich.
Kindertagesstätte ergänzt Wohnbebauung
Aufgrund der bestehenden Rückbaugebote und der Vorkaufsrechte für die Stadt hat Michael Türk frühzeitig das Gespräch mit der Stadtverwaltung gesucht und erklärt, das Grundstück zeitnah nach Abbruch der aufstehenden Gebäude zur Realisierung einer neuen Wohnbebauung in Blockrandbebauung mit vier bis fünf Geschossen nutzen zu wollen. „Dementsprechend haben wir Herrn Türk bezüglich seiner Planung beraten und bei der Antragstellung für eine Baugenehmigung begleitet“, so Christoph Heidenreich. „Gleichzeitig haben wir in der Zusammenarbeit die Idee entwickelt, auf dem Grundstück zudem eine dringend benötigte Kindertagesstätte einzurichten.“
Nach Angaben von Investor Michael Türk werden die Abbrucharbeiten im voraussichtlich März/April 2025 starten. Anschließend werden auf dem Grundstück 41 Wohnungen und eine sechsgruppige Kindertagesstätte in Trägerschaft von GeKita entstehen.
Die Betriebsleitung der Gelsenkirchener Kindertagesbetreuung, Holle Weiß, freut sich über die dringend benötigten Plätze: „Besonders hervorheben möchte ich, das von den 110 Plätzen 32 für Kinder bis zu drei Jahren entstehen. Gerade in diesem Bereich haben wir einen großen Bedarf. So können die Kinder an dieser Stelle künftig vom Kleinkindalter bis zur Schule in einer Einrichtung bleiben. Die verbleibenden 78 Plätze sind dann für Kinder im Alter über drei Jahren.
Die Stadt wird die Zukunft des Grundstücks begleiten und bei der Beantragung von Wohnraumförderung intensiv beraten und unterstützen.
Investor Michael Türk: „Ich bedanke mich für die hervorragende Zusammenarbeit mit der Stadt Gelsenkirchen und die Möglichkeit an diesen Standort ca. 22 Mio. Euro investieren zu dürfen.
Die entstehenden Wohnungen werden wir innerhalb der Familie Michael Türk verwalten und pflegen. Sie dürfen versichert sein, dass wir als Partner der Stadt zuverlässig alle Vereinbarungen, Verpflichtungen erfüllen.
Nach Erhalt der Baugenehmigung durch die Stadt und nach Erhalt des Förderbescheides der NRW-Bank startet der Abriss und nachfolgend der Bau sofort.“