20. März 2025, 16:28 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Bildrechte: Stadt Gelsenkirchen
Die Stadt Gelsenkrichen hat über alle Vorstandsbereiche hinweg Erwartungen an die neue Bundesregierung formuliert. Ein zweiseitiger Forderungskatalog aus kommunaler Sicht ist rechtzeitig zu Beginn der Koalitionsverhandlungen an die teilnehmenden Unterhändler beider Parteien übermittelt worden, um für aus Sicht der Stadt Gelsenkirchen dringend erforderliche Maßnahmen zu sensibilisieren.
Stellvertretend für alle betroffenen Kommunen hat die Stadt Gelsenkirchen ihre Forderugen in einem Schreiben fesgehalten. Dabei geht es vor allem bei der Zuwanderung aus EU-Ost um eine gerechtere Lastenverteilung, um eine bessere Handhabe gegen Problemimmobilien, die Handlungsfähigkeit der Kommunen, eine Anpassung der Arbeitnehmerfreizügigkeit und effektive Integrationsmaßnahmen.
Besonders in Kommunen, in denen Leerstand und Problemimmobilien in Verbindung mit der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit zu Armutszuwanderung aus Südosteuropa führen, muss das Gemeinwesen an vielen Stellen seine Leistungsfähigkeit beweisen.
Die von Ausbeutungsstrukturen beförderte Armutszuwanderung vor allem aus Rumänien und Bulgarien wirkt sich massiv auf die betroffenen Quartiere und Städte aus. Sie trägt stärker als das Thema „Flucht“ zu den überproportionalen Integrationslasten bei, die von häufig bereits hoch verschuldeten Kommunen wie Gelsenkrichen zu leisten sind.
Das Zusammenspiel von Leerstand, Problemimmobilien und Armutszuwanderung führt zur Abwertung von Wohngebieten und bringt Kommunen an den Rand ihrer Handlungsfähigkeit. Sie lässt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat und seine Leistungsfähigkeit insgesamt schwinden.
Die neue Bundesregierung muss sich dem entgegenstellen und das Vertrauen in demokratischen Institutionen wieder stärken.
Die aktuelle Lastenverteilung beachtet nicht die gesamte Integrationslast einer Kommune. So wird diese Last nicht ausschließlich durch die Aufnahme von Geflüchteten verursacht, sondern ebenso durch die Integrationserfordernisse, infolge der Armutszuwanderung aus Südosteuropa. Daher benötigen die Kommunen Analog zur Bundesbeteiligung an Kosten für Geflüchtete einen solchen Beitrag auch bei der (innereuropäischen) Armutszuwanderung. Das gilt besonders für den Erhalt und Ausbau von Betreuungs- und Bildungsangeboten, ohne die eine Integration der nächsten Generation nicht gelingen kann. Gerade von Zuwanderung geprägte Quartiere brauchen beste Bildungsangebote.
Die Realität mit zahlreichen Problemimmobilien in Gelsenkirchen zeigt, dass Kommunen effektive Instrumente benötigen, um Immobilien, die aufgrund anhaltender Vernachlässigung ihr Umfeld belasten, zügig vom Markt nehmen zu können. So muss es künftig bei Zwangsversteigerungen ein Vorkaufsrecht der Kommunen für Problemimmobilien geben.
Zudem schägt Gelsenkirchen vor, die Auszahlung der Kosten zur Unterkunft in den Jobcentern einzustellen, wenn die Unterkunft sich in einer Problemimmobilie befindet. So kann das Ausnutzen dieser Immobilien als Geschäftsmodell verhindert werden. Ungesunde Wohnverhältnisse werden dann nicht noch durch öffentliche Mittel gefördert.
Kommunen mit zahlreichen Problemimmobilien sind häufig auch in einer schwierigen Haushaltslage. Es braucht darum eine verlässliche Förderung zum Erwerb dieser Immobilien und eine vereinfachte Kostenerstattung im Rahmen von Rückbaugeboten.
Um die finanzielle Handlungsfähigkeit der betroffenen Kommunen langfristig zu sichern, ist eine Erleichterung der Altschuldenproblematik unverzichtbar. Der Bund sollte (wie im Kabinett am 24. Januar 2025 beschlossen) seinen Beitrag zur von den Ländern getragenen Entschuldungen leisten können.
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit muss an Bedingungen geknüpft werden. So müsse der Umzug in Sozialleistungen deutlich eingeschränkt werden (z.B. durch den Nachweis von Qualifikationen oder Eigenkapital). Die bloße Annahme einer geringfügigen Beschäftigung darf nicht ausreichen, um den Arbeitnehmer-Status einer Person (und mit ihr einer ganzen Familie) zu begründen.
Die Arbeitsagenturen sollten Personen, die sich auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen, konsequent die Regelangebote des SGB III unterbreiten – und bei Ablehnung dieser Angebote die zuständigen Ausländerämter informieren. Die im Freizügigkeits-Gesetz/EU vorgesehene Ausreisepflicht sollte mit einer Sanktionsmöglichkeit durch die Kommunen unterlegt werden.
Keine Integrationsmaßnahme ist so effektiv wie Sprachförderung in der Vorschule. Hier sieht Gelsenkirchen den Bund in der Pflicht, solche Angebote dauerhaft zu unterstützen. Als freiwillige Leistung finanzschwacher Kommunen dürfen sie nicht der jeweiligen Haushaltslage zum Opfer fallen.
Daher muss von der Reduzierung von BAMF-Kursen abgesehen werden. Sie werden derzeit stärker genutzt als zuvor und sind ein wichtiger Beitrag zur Integration.
Weiterhin sollten die Arbeitsagenturen in den betroffenen Kommunen der Integration in und durch Arbeit Vorrang vor anderen Integrationsmaßnahmen einräumen.