Als potenzielle natürliche Vegetation einer Fläche bezeichnet man diejenige Pflanzengesellschaft, die sich als Klimaxstadium mit der Zeit einstellen würde, nachdem der Mensch seine Nutzung dieser Fläche aufgegeben hat. Sie gilt somit auch als Ausdruck des aktuellen biotischen Wuchspotentials einer Landschaft. Die Entwicklung der potenziellen natürlichen Vegetation ist ein langfristiger sukzessiver Prozess von Pioniergesellschaften hin zur Klimaxgesellschaft.
In Mitteleuropa gilt mit Ausnahme einiger Sonderstandorte (Gebiete über der Höhergrenze, zu feuchte Standorte u. ä.), eine geschlossene Waldbedeckung als die zu erwartende potenzielle natürliche Vegetation. Sie ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der ursprünglichen Vegetation. Mitteleuropa war zwar in der jüngeren Vergangenheit auch größtenteils waldbedeckt, aber durch die zahlreichen anthropogenen Eingriffe haben sich die jeweiligen Standortverhältnisse nachhaltig verändert, so dass sich die potenzielle natürliche Vegetation anders entwickeln wird als die ursprüngliche.
Einfluss auf die Entwicklung der potenziellen natürlichen Vegetation haben zum einen großräumige Faktoren wie geographische Lage, Klimazone, Kontinentalität usw., zum anderen aber auch ein Bündel von lokalen Standortfaktoren. Dazu gehören das Relief bzw. die Exposition, die Bodenverhältnisse (allg. Bodenfeuchte, Grundwasserstand), das Geländeklima und auch die Einwirkungen der Fauna auf die Vegetation.
Die Kartierung der potenziellen natürlichen Vegetation ist in erster Linie für naturschutzbezogene Fragen in der Planung wichtig (z. B. standortgerechte Bepflanzungen). In begrenztem Maße sind auch Rückschlüsse auf die oben genannten Geofakten möglich. Als Hilfsmittel einer forstlichen oder agrarischen Standortbewertung gilt sie jedoch als wenig geeignet.
Gelsenkirchen als ehemaliger und aktueller Industriestandort besitzt kaum eine Fläche, die nicht bereits anthropogen stark überformt worden wäre. Lediglich im Norden der Stadt sind einige relativ naturnahe Landschaftsbestandteile erhalten geblieben. Die erhaltenen Freiflächen sind zu einem großen Teil als künstliche Standorte mit anthropogenen Ersatzgesellschaften ausgewiesen, andere Flächen werden von Halden oder Deponien eingenommen.
Die restlichen Flächen lassen sich grob in vier verschiedene Bereiche der potentiellen natürlichen Vegetation unterteilen, wobei sich die Gesellschaften 2 und 3 noch in zwei bzw. drei Untereinheiten gliedern lassen. Aufgrund der geographischen Lage Gelsenkirchens sind alle Gesellschaften, wie fast überall in Mitteleuropa, Waldgesellschaften:
1. Der Flattergras-Buchenwald
2. Der Eichen-Buchenwald
3. Der Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwald
4. Der Erlen-Bruchwald