Prigann, Herman - Skulpturenwald
Skulptur,
1996
Windwaage .
Bildrechte: Aisha Prigann
Erinnerungssteine .
Bildrechte: Aisha Prigann
Holzplatz .
Bildrechte: Aisha Prigann
Tor 2 .
Bildrechte: Erbgemeinschaft Herman Prigann, Bildrecht (Wien)
Zum Objekt
Im Rahmen des 1995 begonnenen, so genannten „Restflächenprojektes“ der Internationalen Bauausstellung Emscher Park wurde der Künstler Herman Prigann mit der Gestaltung des ehemaligen Zechengeländes Rheinelbe beauftragt. Aus der Industriebrache, auf der sich seit der Stilllegung der Zeche 1928 Wald und Vegetation ausbreiten konnten und kaum noch Überreste früherer Anlagen vorhanden sind, entstand in den folgenden Jahren eine Art Erlebnislandschaft. Bei den sich sukzessive auf dem gesamten Gelände ausbreitenden Arbeiten zeigt sich Priganns Anspruch, dass die vorhandenen Begebenheiten, vor allem die ästhetische Qualität des Ortes sowie die Restspuren seiner Geschichte, reflektiert werden sollen. So verweisen insbesondere die vom Künstler verwendeten Materialien, darunter Abbruchmaterial von Zechengebäuden (u.a. von der Zeche Zollverein XII in Essen), Zement, Schwellenhölzer oder auch Metallteile auf die industrielle Geschichte der Region bzw. des Geländes selbst. Die aus diesen Werkstoffen zusammengesetzten (Groß-)Skulpturen, oftmals in Form von Stelen und Türmen, akzentuieren den Raum. Sie werden vom Besucher als Fixpunkte wahrgenommen, als Wegemarkierung in der insgesamt naturbelassenen Umgebung. Sie wecken Neugier, regen an, sich auf die Suche nach weiteren Objekten zu machen und somit selbst zum Entdecker „industriearchäologischer“ Funde zu werden. Vielfach erinnern die Objekte an archaische oder antike Kultstätten: Aufeinandergesetzte und mit einer Abrissbirne gekrönte Betonteile werden zur Kolossalstatue, zusammengefügte Fragmente erinnern an Pyramiden, an einen Altar oder erscheinen wie Reste eines Säulenaufganges. Der Besucher wähnt sich in einer Ausgrabungsstätte, die Zeugen einer noch gar nicht so weit zurückliegenden Geschichte freilegt. Durch diese Form der Inszenierung erhält der Ort eine gesteigerte Bedeutsamkeit, eine Ehrwürdigkeit, die dem Kultischen und Althergebrachten gebührt.
Zum Künstler
Hermann Prigann studierte Malerei und Stadtplanung in Hamburg, war jedoch von Anfang an nicht ausschließlich der Malerei zugetan. Vor allem seit den 1990er-Jahren wendete er sich verstärkt der Skulptur zu. Sein besonderes Interesse gilt der Gestaltung von Landschaftsräumen. Mit seiner Form der „art in nature“ befindet er sich in der Tradition der Land Art. Insbesondere lässt sich eine Verbindung zu den Ideen Robert Smithsons (1938-1973) feststellen, der als einer der wichtigsten Protagonisten dieser Kunstrichtung gilt, die ab Mitte der 1960er-Jahre v.a. in Amerika präsent war. Auch er beschäftigte sich mit künstlichen, d.h. durch menschliche Eingriffe geprägten Landschaften sowie mit den jeweiligen ortspezifischen Charakteristika wie Geschichte und Material. Die ästhetische Rekultivierung von „benutztem“ Gelände ist (bzw. im Falle Smithsons war) beiden Künstlern ein wichtiges Anliegen. Eine weitere Reminiszenz findet sich im Falle der „Himmelstreppe“ in der „Himmelsleiter“ von Hansjörg Voth.
Durch seine Arbeiten erlangte Herman Prigann internationales Renommee. Hermann Prigann starb 2008 in Portals Nous auf Mallorca.
Hintergrund
Mit dem eingangs erwähnten IBA "Restflächenprojekt" sollten Industriebrachen zu nutzbaren Freiflächen entwickelt werden. Zu diesem Zweck wurden drei ehemalige Bergbauflächen ausgewählt: die ehemaligen Zechen Alma und Rheinelbe in Gelsenkirchen sowie das Umfeld der Zeche Zollverein-Schacht XII in Essen.
Über die Verwendung von Abbruchmaterial der Zeche Zollverein stellt Prigann eine unmittelbare Verbindung zwischen Zollverein und der Zeche Rheinelbe her. Wie das Rheinelbe-Gelände wurde auch das Areal um Zollverein künstlerisch bearbeitet, während die Industriebrache der ehemaligen Zeche Alma vorrangig naturschutzbezogen entwickelt wurde. Aber auch auf Rheinelbe spielen Arten- und Biotopschutz eine große Rolle. Im alten Schalthaus sind dementsprechend eine Forststation und die BUND Ortsgruppe untergebracht.
2010 zeigte eine Ausstellung in der Forststation Rheinelbe eine Auswahl von Grafiken und Dokumenten zu den Erstellungsprozessen der Skulpturen zwischen 1996 und 2005 sowie weitere internationale Projekte Priganns.