Hülswitt, Gunther - Großer Winkelstand
Skulptur,
2003
Bildrechte: Sabine Fiereck
Zum Objekt
Diese monumentale Arbeit des Künstlers Gunther Hülswitt besteht aus drei Vierkant-Segmenten, die mittels Holzscharnieren miteinander verbunden sind. Entstanden ist daraus eine Figur mit hohem Abstraktionsgrad: ein insgesamt 3,10 Meter hoch aufragender Holzblock, der sich von oben nach unten verjüngt und durch die leicht abgewinkelte Zusammenfügung der einzelnen Segmente beweglich und bewegt erscheint. Die Anordnung der einzelnen Teile wirkt wie die natürliche Formation aufeinanderruhender Körperglieder - wie eine auf die Essenz reduzierte Körperstudie eines stehenden Menschen, der nicht in einer Senkrechten erstarrt ist, sondern eine gelöst stehende Positur eingenommen hat, ohne jedoch die Körperspannung selbst herauszunehmen. Zudem orientiert sich Hülswitt auch in den Proportionen der Baumskulptur am menschlichen Vorbild, indem er sie nach unten hin erschlanken lässt.
Dem gemäß konstatierte auch Bernd Aulich über die Arbeiten Hülswitts: „Für seine Skulpturen steht die menschliche Figur Pate. Und dieses Vorbild offenbart bei intensiverer Betrachtung auch sein Baumobjekt „Großer Winkelstand“. Es ist die Dynamik der erstarrten Bewegung, die enorme Spannkraft des Körpers, die diesen Künstler in seiner Formfindung beflügelt.“
Zum Künstler
Gunther Hülswitt studierte Kunst an der PH Neuss. Er realisierte bereits zahlreiche Projekte in ganz Deutschland, lebt und arbeitet in Goch.
Sein bevorzugtes Material ist Holz. Während er in einer Reihe früherer Arbeiten plastischen Raum vor allem durch das Herausschneiden von Hohlräumen schuf, fügt er in seinen neueren Holzskulpturen mehrere Teilstücke zu raumgreifenden Objekten zusammen, die an menschliche Körper und dazugehörende (Bewegungs-) Eigenschaften erinnern.
Hintergrund
Gunther Hülswitt schuf die elfte Baumskulptur für das 1993 vom Kunstverein Gelsenkirchen ins Leben gerufene und sich seither sukzessive weiterentwickelnde Projekt „Kunst am Baum“. Wie bei der sogenannten „Kunst am Bau“ wird hier der museale Rahmen verlassen und der öffentliche Raum gesucht, um zufällige Begegnungen mit Kunst zu ermöglichen.
Als Standort für das Skulpturenprojekt wurde der Bereich des Schlossparks Berge, westlich der Adenauerallee und nördlich des Sees von Schloss Berge zur Verfügung gestellt. Dort vorhandene kranke, überalterte und verkehrsgefährdende Bäume, die ohnehin gefällt werden sollten, wurden zur künstlerischen Bearbeitung frei gegeben. So konnten unmittelbar vor Ort in der Auseinandersetzung mit dem lebenden, noch verwurzelten „Material“ und der Umgebung interessante Konzepte entstehen, die sich auf vielfältige Weise mit der Verbindung von Kunst, Mensch und Natur auseinandersetzen. Insbesondere die Vergänglichkeit des Materials und der Pflanzenwachstum im direkten Umfeld wirken in die Gestaltung mit ein. Die Baumskulpturen verändern sich fortwährend, werden Teil der Umgebung sowie natürlicher Verwitterungsprozesse und verweisen auf diesem Wege auf Werden und Vergehen der Dinge. Vorgesehen ist, dass alljährlich eine neue Skulptur hinzukommt: Anstelle einer mühevollen und letztlich nicht realisierbaren Konservierung sind für die „Kunst am Baum“ immer neue Ideen gefragt.