Schreiter, Prof. Gerhart - Familie
Skulptur,
1959
Bildrechte: Michael Robionek
Bildrechte: Michael Robionek
Zum Objekt
Gerhart Schreiter formte vor über 50 Jahren diese Bronzeskulptur bestehend aus drei verbundenen Figuren. Eine Mutter und ein Vater, jeweils außen positioniert, tragen stehend das auf der Darstellung eines Tuches sitzende Kind in der Mitte. Der Nachwuchs wird von beiden Elternteilen im Kunstwerk durch das Gewebe gehalten, während das Kind jeweils ein Handgelenk von Mutter und Vater ergriffen hat. Dieses Kunstwerk stellt den Zusammenhalt der Familie dar, der das Engagement von allen Beteiligten fordert. Das in der Nachkriegszeit entstandene Werk zeigt durch hagere Personen zudem die entbehrungsreiche Epoche in Deutschland, in denen intakte Familienverhältnisse wie auch eine umfassende Umsorgung nicht selbstverständlich waren.
Im Gerhard-Marcks-Haus in Bremen befindet sich seit 2007 der Nachlass von Gerhart Schreiter. Das gleiche Motiv findet sich auf deutschem Boden noch in Bremen und Wolfsburg. Unter dem Namen "Geschwister" finden sich auf dem Gelände von Grundschulen ebenfalls Bronzegüsse dieser Skulptur.
Zum Künstler
Gerhart Schreiter erblickte am 20. August 1909 in Buchholz/Erzgebirge das Licht der Welt. Er schloss eine Handwerkerlehre ab und setzte seine Ausbildung mit seinem Studium auf der Fachhochschule für Edelmetall in Schwäbisch-Gmünd und an der Kunstgewerbschule Pforzheim fort. Nach einem Aufenthalt in Frankreich und einem weiteren Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie zog Schreiter nach Berlin um. Dort schloß er seine Studienzeit 1943 an der Hochschule für bildene Künste ab. Vom Wehrdienste stellte man Schreiter wegen eines Hüftleidens frei. 1937 trat er der NSDAP bei. Nach dem Krieg wurde Schreiter 1950 der erste Georg-Kolbe-Preis verliehen, bevor er 1952 mit dem Kunstpreis der Stadt Berlin und 1953 mit dem Düsseldorfer Cornelispreis ausgezeichnet wurde. Nach Stipendienreisen nach Italien und Griechenland berief man Schreiter 1956 an die staatliche Kunstschule in Bremen. Dort lehrte er als Leiter der Abteilung Plastik bis zu seinem Tode 1974. Neben sakralen Arbeiten in Kirchen und auf Friedhöfen finden sich von Gerhart Schreiter heute viele Arbeiten im öffentlichen Raum, die seit den 50er Jahren im Rahmen der „Kunst am Bau“-Programme entstanden sind.
Hintergrund
Der Auftrag zu dieser Plastik erreichte Schreiter nach einem beschränkten Wettbewerb der Stadt Gelsenkirchen für das Gelände der Kinderklinik. Schreiter antwortete daraufhin am 15. April 1958 in einem Brief: „Da mir in dieser Aufgabe das menschliche Anliegen sehr wichtig erschien, konnte ich nicht anders, als mich für Kindergestalten zu entschließen - und zwar halbwüchsige, aufgeschlossene, schmale Figuren mit ihren jungen Geschwistern zu einem Ornament zu binden.“ So stand die Skulptur „Familie“ - wie auch die „Reihergruppe“ von Fritz Melis - fast 50 Jahre auf dem Rasen vor der nun ehemaligen Städtischen Kinderklinik an der Westerholter Straße. Der Standortwechsel der Klinik an die Adenauerallee neben dem Krankenhaus Bergmannsheil sollte auch für die neue Adresse der „Familie“ sorgen. Doch äußere Gewalteinwirkung beschädigte das Kunstwerk am alten Platz. So wurde das Kind von Mutter und Vater getrennt. Während Mutter- und Vaterfigur in der Werkstatt der alten Klinik eingelagert wurden, trat das an den Handgelenken herausgebrochene Kind den Weg zum Schrotthändler an. Dort wurde Schlimmeres verhindert und die Kindesentführung beendet, so dass der Bueraner Kunstschmied Heinz Schäpers den Auftrag bekommen konnte, die „Familie“ wieder zusammenzuführen. Die Bruchstellen der Bronzeskulptur wurden fachmännisch verlötet. Inneren Halt bekam die „Familie“ durch Stahlrohre, die durch Edelstahlschrauben fest verbunden wurden. Die „Familienzusammenführung“ ist gesellschaftlichem Engagement zu verdanken. So verhalfen Spenden der beiden Rotary Clubs aus Gelsenkirchen und Buer sowie der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen, die Kosten für die Restaurierung zu tragen. Den umständlichen Transport der wieder hergestellten Skulptur übernahm das Technische Hilfswerk ehrenamtlich. Am 13. August 2008 enthüllte Oberbürgermeister Frank Baranowski die restaurierte Skulptur als Symbol für das Gelsenkirchener Bündnis für Familien.