Thorak, Josef - Ohne Titel
Skulptur,
1928
Bildrechte: Michael Robionek
Bildrechte: Michael Robionek
Zum Objekt
Hoch am Giebel des Hauses an der Goldbergstraße 14 steht auf einem Steingesims ein Frauenakt aus Terrakotta. Das Gebäude wurde im Jahr 1928 errichtet, während Josef Thorak gleichzeitig den Auftrag zur Schaffung einer Skulptur an der Fassade erhielt. Entsprechend des ersten Verwendungszwecks dieses Gebäudes als Landeszentralbank könnte diese Figur als „Hüterin der Schätze“ bezeichnet werden.
Das Werk besteht aus mehreren Terrakotta-Segmenten, die übereinander angeordnet und durch deutlich erkennbare Fugen miteinander verbunden sind. Laut Meinung der Europäischen Kultur Stiftung in Nörvenich ist der bei Akten verhältnismäßig hoch angesetzte Busen und dessen kleine und kompakte Form typisch für Arbeiten von Josef Thorak aus dieser Zeit.
Mit den überlebensgroßen Ausmaßen der Figur greift Thorak bereits 1928 den Wünschen der NS-Ideologie nach Monumentalität voraus. So lieferte er eine weitere Referenz, sodass sein Schaffen im Interesse der Obrigkeit ebenso wie das von Arnold Breker und Fritz Klimsch durch die Unterstützung der Mächtigen eine steile Karriere erfuhr.
Zum Künstler
Josef Thorak studierte nach seiner Töpferlehre an der der Wiener Kunstakademie und in Berlin. In den 20er-Jahren arbeitete er wegen Geldmangels meist mit kostengünstigeren Materialien wie Wachs oder auch Terrakotta und wurde im Jahr 1928 mit dem Staatspreis der Preußischen Akademie für Künste ausgezeichnet. Thoraks Hang zur Monumentalplastik brachte ihm in der Folge viele Staatsaufträge ein. So fertigte er 1932 das nationale türkische Befreiungsdenkmal in Eskisehir. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ließ sich Thorak von seiner jüdischen Frau Hilda scheiden, die mit dem gemeinsamen Sohn Peter nach London emigrierte. Seiner großen Karriere im Dritten Reich stand so nicht mehr viel im Wege, zumal Thoraks künstlerische Handschrift den offiziellen NS-Vorstellungen zur Kunst entsprach. Er unterzeichnete 1934 nach dem Tod von Reichspräsident Paul von Hindenburg den Aufruf der Kulturschaffenden zur Volksbefragung über die Vereinigung des Reichspräsident- und Reichskanzleramt unter Adolf Hitler. Sein Nachbar in Bad Saarow, Max Schmeling, stand ihm mehrere Jahre Modell für seine Bronzeplastik "Faustkämpfer", die für die olympischen Spiele 1936 im Reichsportfeld in Berlin aufgestellt wurde. Es folgten eine große Werksschau in Berlin, Beiträge vor dem Deutschen Pavillon bei der Weltausstellung 1936 in Paris sowie die Teilnahme bei allen Jahresausstellungen im Haus der Deutschen Kunst in München zwischen 1937 und 1944. Für das Märzfeld auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg gestaltete er eine Siegesgöttin. Hitler berief ihn in die Gottbegnadetenliste und nahm ihn auch in die Liste der 12 wichtigsten, unersetzlichen Bildenden Künstler auf, die auch in der Endphase des Zweiten Weltkriegs vom Kriegsdienst befreit wurden. Nach dem Krieg wurde er 1948 entnazifiziert. Josef Thorak starb 1952 im Privatsitz auf Schloß Hartmannsberg in der Gemeinde Eggstädt im Landkreis Rosenheim den plötzlichen Herztod.