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Wildpferde im Emscherbruch

• Dickköppe auf der Wildbahn

  Die Bruchlandschaften Westfalens boten mit ihren Wildbahnen ideale Bedingungen für Wildpferde, so auch die Wildbahn im Emscherbruch. Ihre Lage und Ausdehnung ist in der Karte (auf Grundlage einer Kartenaufnahme von Karl Ludwig von Le Coq, 1805) markiert. Die Wildpferde im Emscherbruch lebten jahrhundertelang ohne nennenswerte Beeinflussung durch den Menschen. Die breite Kopfform brachte den gedrungenen Emscherbrücher Pferden den Beinamen "Dickköppe" ein. Diese muskulöse und ausdauernde Pferderasse war bis ins 19. Jh. als Reit-, Arbeits- und Militärpferd gleichermaßen geschätzt. Durch Treibjagden und Einzelfang mit dem Lasso fingen sogenannte Stricker (Pferdefänger) einmal im Jahr vor allem junge Hengste ein. Bis zum Ende der Wildbahn 1834 war der Cranger Pferdemarkt, Vorläufer der heutigen Cranger Kirmes, der wichtigste Umschlagplatz für den Pferdehandel im Emscherbruch.

• Familie von der Horst als Pferdehändler

  Der Fang und Handel mit den Wildpferden, der in den Händen des ortsansässigen Landadels lag, war auch für die Familie von der Horst ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor, was man unter anderem daran ablesen kann, dass die Horster Burgkapelle dem Heiligen Hippolythus (Schutzpatron der Pferdezüchter) geweiht war. Noch für Rutger von der Horst, den Erbauer des Renaissanceschlosses ist belegt, dass er 1546 in Deventer das Heer Kaiser Karls V. mit Pferden belieferte.

Die Vorgängerburgen

• Wehranlage des frühen 13. Jahrhunderts

  Eine hölzerne Wehranlage wurde um 1170/80 als zwei- oder mehrteilige Anlage mit der Hauptburg auf einem künstlich aufgeworfenen Hügel errichtet. Deren palisaden- und wasserumwehrter ovaler, nach Westen abgestufter Hügel erreichte bei einem Durchmesser von ca. 40 Metern gut zwei Meter Höhe. Vermutlich gab es auch einen Außenwall mit Palisade. Von der westlich vorgelagerten Vorburg erfolgte über eine Brücke der Zugang zur Hauptburg. Dort führte der Weg entlang der Umwehrung zum oberen Plateau hinauf, das gegen den tiefer gelegenen Teil der Kernburg durch eine zweite Palisade geschützt war. Deren Tor sicherte ein siebeneckiger Bau, neben dem sich das mehrstöckige Hauptgebäude der Burg erhob, Wohnbau und im Verteidigungsfall letzte Rückzugsmöglichkeit vor dem Feind. Zwei weitere Wohnhäuser sowie ein in Bruchstein gefasster Brunnen befanden sich auf der unteren Stufe. Bereits wenige Jahrzehnte nach ihrer Errichtung, etwa um das Jahr 1215, wurde die Anlage durch einen Brand zerstört, dessen Ursache unbekannt ist.
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• Die steinerne Turmhügelburg des späten Mittelalters

  Nach dieser Katastrophe ersetzte man die hölzerne Palisade am Hügelfuß durch eine Ringmauer aus Stein und erhöhte den Hügel bei geringerem Grundriss um wenigstens anderthalb Meter. Die darauf errichtete Bebauung bestand nun lediglich aus einem in Bruchstein aufgemauerten Wohnturm. Über sein Inneres lassen sich, abgesehen vom Sockelgeschoß, das der Lagerung von Vorräten diente und in zwei Räume unterteilt gewesen war, keine hinreichenden Aussagen machen. Der Bruchsteinbrunnen der Vorgängerburg blieb weiterhin zur Wasserversorgung erhalten.
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• Ausbau der Turmhügelburg bis zum Brand 1554

  Bis in das 16. Jahrhundert hinein erweiterte man diesen Wohnturm und fügte einen Kloakenanbau an, der in die Gräfte (Wassergraben) entsorgte. Weitere Gebäude kamen hinzu, nach Süden über den Burghügel hinaus zum Teil auf Pfahlrosten in die Gräfte hineingebaut. Mit hoher Wahrscheinlichkeit vermittelt ein im Schloss erhaltenes Sandsteinrelief neben dem Grabungsbefund einen Eindruck dieser letzten Ausbaustufe. Die Ausgrabungen erlauben nicht nur Aussagen zum Baubestand der Vorgängeranlagen, sondern auch über deren Ausgestaltung. Die Dächer deckten teils Schieferplatten, teils Tonpfannen. Beschläge, Scharnierbänder, Schlüssel, Fensterglas und steinerne Spolien stammen von Türen, Toren, Fenstern oder Klappläden. Die Fußböden in den Gebäuden der Hof- und ersten Burgstelle besaßen zum Teil Estriche aus Lehm, ebenso der Keller des Wohnturmes. Das nördliche Wohnhaus auf dem unteren Burghügel der hölzernen Wehranlage im frühen 13. Jahrhundert besaß sogar einen Dielenboden. Für die letzte Ausbaustufe der Burg belegt entsprechendes Fundgut Räumlichkeiten mit Fliesenböden. Über den damaligen Zustand der Burg lassen sich zudem aus den erhaltenen Rechnungsbüchern der Jahre 1534 bis 1548 Rückschlüsse ziehen. So wurde beispielsweise der Bergfried 1540 mit Hilfe von Bewohnern der Freiheit mit Lehm verputzt und im Jahr darauf erneuerte man die Zugbrücke und die Dächern sowie sämtliche Fenster und Pforten in Burg und Kirche. Doch schlugen die Ausgaben für Bauarbeiten an der Burg im Verhältnis zu anderen Rechnungsposten auffällig gering zu Buche. Im Frühjahr 1554 suchte diese Burg, noch während der laufenden Reparatur- oder Ausbauarbeiten, eine Feuersbrunst heim, über deren Ursache und genaues Ausmaß sich die vorhandenen Quellen ausschweigen. In der Erinnerung der Bevölkerung hat sie sich offensichtlich wegen ihres katastrophalen Ausmaßes dermaßen festgesetzt, dass noch 1611 in einer Rechtssache Zeugen bezüglich ihrer Altersangabe dieses Ereignis ihrer Kindertage als Orientierungshilfe anführten. Der ab Juni 1554 verzeichnete plötzlich enorm ansteigende Bedarf an Ziegelsteinen legt einen direkten Zusammenhang von Brandkatastrophe und Schlossneubau nahe, zumal die von da an beauftragten Stückzahlen bei weitem das überstiegen, was für die Reparatur der brandgeschädigten Burg einschließlich der Wiederaufnahme eines vielleicht begonnenen Ausbaus realistisch gewesen wäre.

Das Renaissanceschloss und sein Bauherr

• Der Bauherr

  Die Absicht, einen zeitgemäßen Neubau zu errichten, verwundert umso weniger, als der Bauherr Rutger von der Horst den von humanistischer Bildung sowie politischer und ökonomischer Sach- und Fachkenntnis geprägten neuen Typ des Ministerialadeligen verkörperte. Vermutlich war er in der zweiten Jahreshälfte 1519 geboren worden. Die Mutter, Margarete von Haus, verstarb 1522. Zehn Jahre später, nach dem Ableben seines Vaters Johann von der Horst (der noch 1522 in zweiter Ehe Elisabeth von Dorth geheiratet hatte), regelte man die weitere Erziehung der vier Horster Waisen, Rutger, Heinrich, Dietrich und Anna, vormundschaftlich. Anna gab man als Novizin in das Zisterzienserinnenkloster Sterkrade, Heinrich nach Kleve, Rutger und sein jüngster Bruder Dietrich in das traditionsreiche, humanistisch geprägte Stiftsgymnasium von Emmerich am Niederrhein. Zwischen 1539 und 1541 schloss sich für Rutger eine sicherlich als Abrundung der umfassenden Ausbildung unternommene Kavalierstour nach Frankreich, insbesondere Paris, an. 1548/49 heiratete er Anna von Palandt, die Witwe des klevischen Amtmanns Heinrichs von Wylich. Möglicherweise hat ihn seine Verbindung mit der wohlhabenden Anna in seinem Neubauvorhaben bestärkt. Rutgers "beruflicher" Aufstieg war eng mit den Erzbischöfen bzw. Kurfürsten von Köln verbunden. 1559 wurde er Amtmann im kurkölnischen Rheinberg. Bereits um die Jahreswende folgten Titel und Amtsbefugnis eines Marschalls. Als Berater und in verschiedensten diplomatischen Missionen diente er bis zu seinem Tod fünf Kölner Kurfürsten. Den Zenit seiner Karriere hatte er zweifelsohne mit der Erteilung der vestischen Statthalterwürde am 15. April 1576 durch Kurfürst Salentin von Isenburg erreicht. Er starb am 10. März 1582. Die bemerkenswert fundierte Schulbildung mit umfassenden historischen Kenntnissen, dazu ein zu jener Zeit allenthalben festzustellendes individuelles Selbstbewusstsein und daraus resultierendes persönliches Repräsentations- und Darstellungsbedürfnis sind als Grundlagen und Beweggründe für den Schlossneubau zu werten. Zudem erwies sich die allgemeine Situation am Niederrhein um die Mitte des 16. Jahrhunderts für solche Vorhaben förderlich. Die territorialen Verhältnisse waren weitgehend geordnet und in wenigen Händen. Die Verkehrsinfrastruktur war vorbildlich. Das politische Zentrum mit dem Hof Kaiser Karls V. in Brüssel rückte die Region quasi in die Mitte des Reiches. Mit Antwerpen und Köln verfügte man über zwei weitere wichtige kulturelle Zentren, in denen vor allem die ansässigen Verlage und Druckereien enorm zur Verbreitung neuer Tendenzen und Einflüsse beigetragen haben.
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• Der Schlossbau

  Vor diesem persönlichen als auch allgemeinen politisch-kulturellen Hintergrund setzte Rutger von der Horst ab 1554 seine Neubaupläne als Ausdruck eines neuen individuellen Selbstbewusstseins um. Als leitender Baumeister für den bereits begonnenen Bau konnte etwa ab 1556 Arnt Johannsen to Boecop aus Arnheim unter Vertrag genommen werden. Wann genau er die Leitung der Horster Baustelle übernommen hat, lässt sich nicht eindeutig sagen. 1558 taucht sein Name erstmals in den erhaltenen Bauakten auf, doch ist es sehr wahrscheinlich, dass er bereits ein oder gar zwei Jahre zuvor seine Arbeit im Emscherbruch aufgenommen hat. Die zeitliche Differenz zwischen dem Baubeginn und der Übertragung der Leitung an Arnt Johannsen könnte durchaus mit den nun komplizierteren architektonischen Anforderungen des offensichtlich zu diesem Zeitpunkt bereits über das Sockelgeschoss hinaus wachsenden Baus zusammenhängen. Bis 1567 lässt sich seine Anwesenheit auf der Schlossbaustelle nachweisen. Bezüglich der reichen Dekoration von Außenbau und Innenräumen sah sich der Bauherr mangels lokaler Angebote genötigt, befähigte Bildhauer, Schnitzer, Bildkachelhersteller, Eisengießer und Maler vor allem aus Köln, den vereinigten Herzogtümern Jülich-Kleve-Berg sowie aus dem westlich angrenzenden Herzogtum Geldern zu verpflichten. Insbesondere die Bildhauer Heinrich und Wilhelm Vernukken aus Kalkar wie auch Laurentz von Brachum aus Wesel trugen entscheidend dazu bei, diesem Renaissancebau die bereits oben erwähnten unverwechselbaren Züge zu geben. Über das Bau- und Ausstattungsgeschehen sind wir durch zwei in Pergament gebundene Foliobände mit handschriftlichen baubezogenen Aufzeichnungen des Bauherrn (zusammen über 600 Seiten) und eine später zusammengeheftete Sammlung von rund vierzig Verträgen mit Baumeistern, Künstlern und Handwerkern sowie Zulieferern, die sich im Fürstenberg`schen Archiv auf Schloss Hugenpoet über die Jahrhunderte erhalten haben, recht gut informiert. Sie sind allein zum Rechnungsnachhalt für den Bauherrn verfasst worden und lassen folglich die von uns erwartete chronologische Klarheit vermissen. Sie gehen nicht soweit auf bautopographische Details ein, dass es heute möglich wäre, ohne weiteres bestimmte Verträge bzw. rechnungsmäßig festgehaltene Arbeitsabläufe einem konkret lokalisierbaren Bauabschnitt zuzuordnen. Andererseits lassen sie, gerade weil sie nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren und durch die niederdeutsche Sprache, in der sie geschrieben worden sind, vor den Augen des Lesers nahezu distanzlos die Betriebsamkeit einer Baustelle in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit allen organisatorischen, finanziellen und logistischen Problemen entstehen und belegen zugleich die überregionalen Verbindungen des Bauherrn. In einer Kernbauzeit von 15 bis 20 Jahren entstand um die alte Burg herum eine regelmäßige quadratische Anlage von rd. 53 Metern Länge mit vier vorgeschobenen Ecktürmen unter "welschen" Hauben. Zwei hohe Gebäude, über Eck nach Norden angeordnet, sowie zwei schmale eingeschossige Galeriegänge, ebenfalls über Eck nach Süden, umfassten den Hof. Der aus Ziegelmauerwerk errichtete Bau war reich mit Sandsteinornamentik dekoriert, verputzt, bemalt und teilvergoldet. Die Dächer waren mit hochwertigem Moselschiefer gedeckt. Das Innere schmückten Wand- und Deckenmalereien, aus Ton gebackene Friese und Bildmedaillons. Zur Innenausstattung gehörten auch mit Bildkacheln verzierte eiserne Öfen und prächtige Bildkamine aus Baumberger Sandstein.

Verfall und Umnutzung des Schlosses

• Verfall

  Bereits früh wurden erste Anzeichen eines sich ankündigenden Verfalls sichtbar. Der ungeeignete Baugrund in der Emscherniederung mit einer Vielzahl kleiner Bachläufe und Gräben trug ebenso dazu bei wie die unzureichende Fundamentierung des Schlosses. Hinzu kam die wechselnde Erbfolge, die nach Rutgers (1582) und Anna von Palandts Tod (1585) den Besitz in den beiden folgenden Generationen jeweils über Töchter in andere westfälische Adelsfamilien einbrachte. Selbst die umfangreichen Reparatur- und Sanierungsarbeiten der Familie von Fürstenberg, die 1706 die Herrlichkeit nebst Schloss gekauft und letzteres bis 1988 in Besitz hatte, konnten den immer rascher fortschreitenden Verfall nicht aufhalten. Kurz vor 1830 stürzte der Westturm am Hofzugang ein und riss den westlichen Teil des Nordwestflügels mit. Die Reste des Turmes scheinen daraufhin gänzlich beseitigt worden zu sein. Die offene Flanke des Gebäudes schloss man mit einer schlichten Fassade und ordnete dementsprechend die baulichen Verhältnisse im Innern. Im Frühjahr 1833 fielen der Nordturm und zehn Jahre später der Südturm in sich zusammen. In jener Zeit dürften auch die beiden eingeschossigen Galeriegebäude im Südosten und -westen niedergelegt worden sein. Eine 1850 datierte Zeichnung, die den Schlosskomplex von Süden zeigt, dokumentiert den Einsturz des prächtigen Schaugiebels in Verlängerung der Herrenhaushoffassade vor dem Ostturm.
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• Umnutzung

  Schließlich erfolgte 1853/54 auf Anordnung des preußischen Regierungspräsidenten in Münster der Abbruch des Ostturmes und des anschließenden Nordostflügels. So blieben von der ehedem stolzen Anlage lediglich der größte Teil des Eingangsflügels in ursprünglicher Höhe, nicht einmal das gesamte Sockelgeschoss und nur ein Saal im Erdgeschoss des sog. Herrenhauses (Hauptflügel) erhalten. Die landwirtschaftlich genutzten Versorgungsgebäude erlitten zum Teil das gleiche Schicksal. Den wertvollen Bauschmuck bis hin zu den großen Prachtkaminen hat man dabei sorgfältig behandelt, sodass vieles davon bis heute bewahrt geblieben ist. 1925 wurde das Untergeschoss des Schlosses zu einem Restaurant ausgebaut, das bis 1929 um Garten- und Terrassenanlagen, einen Ruderbootbetrieb in der Gräfte und eine gastronomische Nutzbarmachung des Rittersaals und des Nordturmsockels erweitert wurde. Diese "Volkserholungsstätte" wurde zu einem beliebten Ausflugsziel, dessen wirtschaftlicher Erfolg bis in die 50er Jahre anhielt. Mitte der siebziger Jahre reduzierte sich die gastronomische Nutzung auf eine Diskothek im Sockelgeschoss. Der Verfall nahm beängstigend zu.

Restaurierung und Wiedereröffnung

• Restaurierung

  Angesichts des nun drohenden endgültigen Verfalls gründeten 1985 Horster Bürger den Förderverein Schloß Horst e.V., um das Schloss zu retten. 1988 ging das Gebäude in den Besitz der Stadt Gelsenkirchen über und eine sinnvolle, denkmalgerechte Nutzung wurde gefunden. Mit dem Um- und Neubau des Schlosses wurde Prof. Jochem Jourdan (Frankfurt) betraut. Ihm gelang es, nach Maßgabe der Denkmalpflege historische Bausubstanz unverfälscht zu erhalten und mit modernen Bauteilen zu einem harmonischen Ganzen ästhetisch zu verbinden.

• Wiedereröffnung

  Im August 1999 wurde es als städtisches Kultur- und Bürgerzentrum wieder eröffnet, das Raum für Kulturveranstaltungen bietet und unter seinem Dach das zentrale Standesamt der Stadt Gelsenkirchen sowie ein Restaurant beherbergt.