Neue Medien verändern seit jeher Traditionen der Kunst und bringen neue Kunstformen hervor. So verhielt es sich unter anderem mit der Erfindung der Fotografie oder der Videotechnik. Mit dem technischen Fortschritt entwickelt sich die Beschaffenheit der Bilder und Werke weiter.
Auch im postdigitalen Zeitalter – einer Zeit, in der das Digitale ein fester Bestandteil unseres Alltags geworden ist und sich etabliert hat – finden solche Entwicklungen statt. Neue Technologien wie Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR) beeinflussen die Form, Struktur und Wahrnehmung. Es findet eine technologische Erweiterung statt, die die Werke in den virtuellen Raum übersetzen, in den die Betrachterinnen und Betrachter eintauchen. Mit digitalen Medien wie Smartphones, Tablets oder VR-Brillen ergeben sich neue Möglichkeiten der künstlerischen Praxis und des Kunsterlebnisses. Das digitale Werk unterliegt dabei seinen eigenen technischen Regeln – unabhängig von physischen Gesetzmäßigkeiten wie der Schwerkraft. Daraus ergibt sich ein neuer Handlungsrahmen.
Die Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung untersuchen, erweitern und verändern die (traditionelle) Form kinetischer Kunst, indem sie das Digitale miteinbeziehen. Die Arbeiten schweben frei im Raum, bilden eine immersive Umgebung und brechen die starren Strukturen des physischen Ausstellungsraums auf. Dabei steht der Moment der Bewegung im Vordergrund. Im Wechselspiel zwischen Werk und Technologie eröffnen sich neue Dimensionen der Dynamik, die auf eine neue Art und Weise fortgeführt wird. Was alle Positionen in der Ausstellung vereint, ist die elementare Rolle der Betrachterinnen und Betrachter im Prozess der Werkentstehung. Ohne ihre Handlung kann sich der kinetische Moment und somit das Werk selbst nicht entfalten.
EVOLVING KINETICS schafft einen Erfahrungsraum zeitgenössischer digitaler Kunst, die in den Dialog mit der Sammlung des Kunstmuseums Gelsenkirchen tritt. In diesem Austausch lassen sich Entwicklungen der kinetischen Werke aufzeigen, welche das Gegenwärtige in den kunstgeschichtlichen Kanon einordnen und neue Perspektiven auf die einzelnen Arbeiten ermöglichen. Darüber entsteht ein Diskurs des Digitalen, der die Bedeutung neuer Technologien im Kontext der Kunst und die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit ihr verdeutlicht.