Etwa an dieser Stelle stand das 1893/94 errichtete Rathaus Gelsenkirchens. Nach der Fertigstellung des Hans-Sachs-Hauses 1927 als neuer Sitz der Gelsenkirchener Stadtverwaltung und dem Umzug der Verwaltungsspitze in das Rathaus Buer nach dem Zusammenschluss von Gelsenkirchen, Buer und Horst verlor das Gebäude seine Bedeutung. 1932 zog die Gelsenkirchener Polizei in das alte Rathaus und blieb bis 1969. 1970 wurde das nach der damaligen Auffassung nicht erhaltenswerte Gebäude abgerissen. Während des Nationalsozialismus wurde das Gebäude Sitz des Gelsenkirchener Polizeiamtes als Zentrale des Polizeiapparates mit der Gestapo. Im Gebäude befand sich auch das Polizeigefängnis.
Einer der dort Inhaftierten war der im Jahr 1900 geborene Heinrich König, der ab 1935 Vikar an der Gelsenkirchener Propsteikirche St. Augustinus und Präses der Kolpingfamilien in Gelsenkirchen war. Am 30. September 1941 wurde Heinrich König wegen angeblich wehrkraftzersetzender Äußerungen verhaftet. Nach Verhören im Gelsenkirchener Polizeigefängnis wurde er am 2. Dezember 1941 ins KZ Dachau überführt. Heinrich König starb dort am 24. Juni 1942, als Opfer medizinischer Experimente.
Im Gelsenkirchener Gefängnis wurden auch die Verfolgten anderer politischer Bewegungen und Organisationen eingesperrt. In den Verhören wurden sie auch gequält und gefoltert. Die meisten der gleich zu Beginn des "Dritten Reiches" Verhafteten aus dem Gelsenkirchener Süden dürften zunächst in den Zellen des Polizeigebäudes inhaftiert worden sein. Zahlreiche Gelsenkirchener Kommunisten wurden hier während der NS-Herrschaft verhört und misshandelt, darunter beispielsweise 1943 die Angehörigen der Widerstandsgruppe um Franz Zielasko. Der in den Niederlanden verhaftete sozialdemokratische Widerstandskämpfer Alfred Zingler wurde im Polizeigefängnis verhört und offensichtlich misshandelt. Er wurde später vom berüchtigten "Volksgerichtshof" zum Tode verurteilt und hingerichtet. Auch weitere Andersdenkende wurden auf ihren Leidenswegen meist zunächst in das Gelsenkirchener Polizeigefängnis eingeliefert. Auch zahlreiche jüdische Bürger wurden im Rahmen der Unrechtsmaßnahmen des Nationalsozialismus im Gelsenkirchener Polizeigefängnis inhaftiert. Ebenso wurden die als "Zigeuner" verfolgten Menschen hier eingesperrt, wahrscheinlich auch direkt vor ihrer Deportation in das Vernichtungslager Auschwitz.
Projektpartner: Kolping in Gelsenkirchen, 2012