Die bauliche Gestalt der aufstrebenden Stadt Gelsenkirchen der Industrialisierungsphase ist heute kaum noch zu erkennen. Dies hat seine Ursache nicht nur in dem praktisch permanenten Wandel der Industrieanlagen, sondern auch in den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges. In der ersten Kriegsphase war die Gelsenkirchener Bevölkerung noch kaum von direkten Auswirkungen des Krieges betroffen. Allerdings verschlechterte sich die Versorgungslage, und zahlreiche Gelsenkirchener verloren als Soldaten ihr Leben. Dies änderte sich ab Ende 1943. Bis dahin waren zwar bei über 100 Luftangriffen fast 400 Gelsenkirchener Bürger ums Leben gekommen, doch verstärkten sich nun die strategischen Luftangriffe gegen kriegswichtige Industrien, die in Gelsenkirchen konzentriert waren.
Mitte Juni 1944 legten Bombenangriffe das Horster Hydrierwerk still; bis Kriegsende gelang die Wiederaufnahme der Arbeit trotz hohen personellen Einsatzes - auch und gerade von Zwangsarbeitern - nicht mehr. Das Hydrierwerk Scholven wurde am 19. Juli 1944 lahmgelegt. Der Schalker Verein, wo man u.a. Granaten herstellte, wurde durch mehrere Bombardierungen im Herbst 1944 stark zerstört, ebenso wurden große Teile der Werksanlagen des Mannesmannröhrenwerkes Grillo-Funke zerstört.
Besonders die beiden Tagesangriffe vom 6. November 1944 richteten große Verwüstungen an. Der größte Bombenangriff auf Gelsenkirchen war von den Alliierten allerdings durch abgeworfene Flugblätter und Rundfunkmeldungen angekündigt worden. Die Behörden der Nationalsozialisten hatten die Warnungen aber als feindliche Propaganda abgetan. Gegen Mittag des 6. November, etwa um 14.00 Uhr, begann der Großangriff mit Spreng- und Brandbomben, die etwa 1.700 Bomber auf Alt-Gelsenkirchen abwarfen. Nach Ende des knapp einstündigen Angriffs bot sich den Gelsenkirchenern das Bild größter Zerstörungen. Die überall tobenden Brände konnten nicht gelöscht werden, da auch die Wasserversorgung an vielen Stellen unterbrochen war. Ein zweiter Angriff erfolgte dann gegen Abend um 19.15 Uhr. Die Bilanz: In den Stadtteilen Altstadt, Bulmke, Hüllen und Schalke war kaum ein Haus noch unzerstört. Wasser-, Gas- und Stromversorgung und das Straßenbahn- und Straßennetz waren mehrfach unterbrochen. 518 Menschen starben im Bombenhagel, weit über tausend Gelsenkirchener wurden verletzt.
Weitere Bombenangriffe auf die kriegswichtige Industrie Gelsenkirchens folgten. Nach Tagesangriffen am 9. bis 13. November 1944 musste auch auf Zeche Graf Bismarck die Förderung stillgelegt werden. Durch Bombenangriffe wurden am 19. Februar 1945 die Schachtanlagen 6 und 8 von Dahlbusch und deren Zentralkokerei lahmgelegt. Wegen der Bombenschäden musste Consolidation 1/4 1944 stillgelegt werden. Ein weiterer Großangriff auf Gelsenkirchen am 5. März 1945 richtete große Verwüstungen an und forderte zahlreiche Menschenleben. Am 19. März 1945 trafen Bomben das Hans-Sachs-Haus, die Südecke stürzte ein und 81 Menschen starben im Luftschutzkeller des Gebäudes. Insgesamt forderte der Krieg in Gelsenkirchen 3.092 zivile Opfer.
Durch die Auswirkungen des Krieges waren von dem Bestand des Jahres 1939 von 93.028 Wohnungen 70.744 Wohnungen beschädigt, davon 10.904 Wohnungen zu 41-60% und 12.021 Wohnungen zu über 60%. Bis Ende März 1950 waren erst etwa die Hälfte der beschädigten Wohnungen repariert worden. So schlimm wie die Wohnungen hatte es die Industrie, die ja das eigentliche Ziel der Bombenangriffe gewesen war, nicht getroffen. Aufgrund des allgemeinen Eindrucks wurde das Ausmaß der Schäden an der Industrie überschätzt. Tatsächlich war die Substanz industriellen Anlagevermögens nicht entscheidend angegriffen. Beispielsweise befanden sich wichtige Anlagen bei den Bergwerken untertage, viele Übertage-Anlagen waren zudem nur begrenzt beschädigt. Die Industriekapazität wurde durch die Zerstörung der Verkehrswege und die verheerende soziale Lage der Arbeiter stärker beeinträchtigt als durch die Schäden an Produktionsanlagen. Dennoch nahmen die meisten Betriebe schon bald die Produktion wieder auf.